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Politik

Jetzt ist die Regierung am Zug

HA Asien | Philipp Bilsky Kommentarbild App
Philipp Bilsky
25. November 2019

Die Hongkonger haben bei den Bezirksratswahlen eine klare Botschaft an die Regierung gesendet. Doch dass sich Regierungschefin Carrie Lam nunmehr substanziell bewegt, ist mehr als unwahrscheinlich, meint Philipp Bilsky.

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Hongkong Lokalwahlen Regierungschefin Carrie Lam
Auch Regierungschefin Carrie Lam gab ihre Stimme bei den Bezirksratswahlen abBild: picture-alliance/dpa/Kyodo

Bis zur letzten Minute gab es Zweifel, ob die Wahlen überhaupt stattfinden würden. Mehrfach hatte die Hongkonger Regierungschefin Carrie Lam angekündigt, dass die Wahlen abgebrochen würden, sollte es zu Ausschreitungen und Gewalt kommen. Doch es blieb ruhig am Wahltag in Hongkong. Sogar Carrie Lam selbst konnte ihre Stimme abgeben, ohne vor dem Wahllokal von einer großen Gruppe wütenden Demonstranten empfangen zu werden.

Klarer Sieg der pro-demokratischen Kandidaten

Das Ergebnis der Bezirksratswahlen könnte klarer nicht sein: Die pro-demokratischen Kandidaten haben klar gewonnen, während das regierungstreue Lager krachend gescheitert ist. Noch nie sind so viele Hongkonger wählen gegangen. Das zeigt, wie wichtig die Stimmabgabe der Hongkonger Bevölkerung war.

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Philipp Bilsky leitet die Chinesische Redaktion der DWBild: DW/P. Böll

Vor den Wahlen war viel darüber spekuliert worden, wie groß die Unterstützung für die Protestbewegung noch ist. Besonders nachdem die Gewalt auf beiden Seiten in den vergangenen Wochen immer weiter eskaliert war. Größere Umfragen hatte es zuletzt nicht mehr gegeben. Mit dem Ergebnis der Bezirkswahlen ist diese Frage eindeutig beantwortet: Die Unterstützung der Protestbewegung ist noch immer sehr groß. Und noch eindeutiger ist: Die überwiegende Mehrheit der Hongkonger ist mit Carrie Lam und ihrer Arbeit enorm unzufrieden.

Was bedeutet das Ergebnis der Wahlen für die Zukunft Hongkongs? Die Bezirksräte sind nur für lokale Maßnahmen zuständig und haben kaum politisches Gewicht. Und auch auf die Wahlen eines neuen Regierungschefs oder einer Regierungschefin im Jahr 2022 wird diese Wahl nur wenig Auswirkungen haben. Denn die Mehrheit für einen Pro-Peking-Kandidaten in dem 1200-köpfigen Wahlgremium steht.

Nimmt die Gewalt nun wieder zu?

Nach einem so klaren Votum der Hongkonger wäre es eigentlich dringend notwendig, dass die Regierung mit substanziellen Schritten auf die Bevölkerung zugeht. Nur dass das tatsächlich geschieht, und Carrie Lam beispielsweise die wichtigste Forderung der Demonstranten erfüllt - eine unabhängige Untersuchung der Polizeigewalt - glaubt eigentlich niemand.

Wenn die Regierung aber untätig bleibt, werden sich diejenigen in der Protestbewegung bestärkt sehen, die glauben, dass friedliche Proteste ohnehin zu nichts führen. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass die Bereitschaft zur Gewalt in den kommenden Tagen wieder zunehmen wird. Und dass wir in Hongkong weiter ähnlich gewalttätige Szenen sehen, wie in den vergangenen Wochen.