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Keine Vorentscheidung

15. Februar 2007

Die Ernennung des russischen Verteidigungsminister Sergej Iwanow zum Ersten Vize-Regierungschef begünstigt ihn nicht in der Frage, wer Putin als Präsident folgt. Im Gegenteil, meint Ingo Mannteufel in seinem Kommentar.

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Ingo Mannteufel

Russlands Präsident Wladimir Putin hat am Donnerstag (15.2.2006) seinen Verteidigungsminister Sergej Iwanow zum Ersten stellvertretenden Regierungschef ernannt und ihn dabei vom Posten des Verteidigungsministers entbunden. Die Nachricht kam überraschend, und die Beförderung wurde sofort von einigen Beobachtern als Zeichen für eine Vorentscheidung für die Präsidentenwahl 2008 gedeutet. Denn Putin darf laut Verfassung nicht mehr antreten und schon seit einiger Zeit gilt sein Vertrauter Sergej Iwanow als Nachfolgekandidat für das Präsidentenamt.

Die Feinheiten des Machtsystems

Wer Iwanows heutige Ernennung zum Ersten stellvertretenden Regierungschef jedoch sofort als politischen Aufstieg interpretiert, hat die Feinheiten des russischen Machtssystems nicht verstanden. Denn Iwanow, seit März 2001 russischer Verteidigungsminister, war schon seit Ende 2005 einer der drei "Stellvertretender des Regierungschefs". Die Höherstufung zum "Ersten stellvertretenden Regierungschef" ist insofern nicht unbedingt als Machtausweitung zu verstehen, da ein anderer aussichtsreicher Kandidat für 2008 und Putin-Getreuer, Dmitrij Medwedew, schon seit einiger Zeit "Erster stellvertretender Regierungschef" ist und heute auch geblieben ist. Russland verfügt nun eben über zwei "Erste stellvertretende Regierungschefs". Formal ist Iwanow somit zu Medwedew aufgerückt, aber viel schwerer wiegt, dass er das wichtige Amt des Verteidigungsministers abgeben musste.

Die eigentlichen Gewinner sind andere

Zudem sind auch Iwanows Kompetenzen mit der scheinbaren Beförderung nur marginal ausgeweitet worden. Er war bislang schon mit der Koordinierung des militärisch-industriellen Komplexes betraut. Dies ist nun - wie es in der Presseerklärung des russischen Präsidenten heißt - um einige Bereiche in der zivilen Wirtschaft ausgeweitet worden. Das ist nicht viel an Machtgewinn für Iwanow im Vergleich zum Verlust des Amtes als Verteidigungsminister. Und auch die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit für Iwanow könnte dann eher zurückgehen.

Größeres Interesse dagegen werden von nun an der neue Verteidigungsminister Anatolij Serdjukow, bislang Leiter der nationalen Steuerbehörde, und Sergej Naryschkin, seit heute ebenfalls "stellvertretender Regierungschef" - der vierte von Ministerpräsident Fradkow - auf sich ziehen. Naryschkin war vorher im Präsidialapparat tätig. Sie sind die eigentlichen Gewinner des heutigen Tages, vor allem der militärisch unerfahrene Serdjukow. Als 43-Jähriger ist er auch eine Generation jünger als die gleichaltrigen Iwanow und Putin. Mit der Absetzung als Verteidigungsminister und der Ernennung zum zweiten "Ersten stellvertretenden Ministerpräsidenten" jedenfalls haben sich die Präsidentenchancen für Iwanow eher verringert als erhöht.

Ingo Mannteufel, Leiter der russischen Online-Redaktion