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Politik

Krieg und Frieden à la Trump

Peter Philipp Kommentarbild APP PROVISORISCH
Peter Philipp
21. Juni 2019

Welcher Strategie folgt Donald Trump eigentlich im Nahen und Mittleren Osten? Die Frage stellt sich nicht nur in der Iran-Krise. Mit seinem Vorgehen sabotiert er sogar seine eigenen Friedenspläne, meint Peter Philipp.

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US-Drohne Global Hawk
15 Meter Länge, 40 Meter Spannweite - eine der abgeschossenen Drohnen vom Typ "Global Hawk"Bild: picture-alliance/US Air Force/Zumapress

Nach dem Abschuss einer amerikanischen Drohne in der Nacht zum Donnerstag hatte US-Präsident Donald Trump noch unheilschwanger getwittert, der Iran habe damit einen "sehr schweren Fehler" begangen. Mehr brauchte er nicht zu sagen: Die Politbarometer des Mittleren Ostens begannen ebenso heftig auszuschlagen wie die Kurve des Ölpreises. Aber niemand schien bereit zu sein, von erhöhter Kriegsgefahr zwischen den USA und dem Iran zu sprechen. Zumal beide Parteien sich in erster Linie noch darüber stritten, ob das unbemannte Aufklärungsflugzeug sich im iranischen Luftraum befunden hatte oder nicht.

Trump aber war es Ernst gewesen, obwohl sein Vorgehen dann doch mehr Rätsel als Erkenntnisse brachte: Nur Stunden nach dem Abschuss der Drohne setzte der US-Präsident Vorbereitungen für einen Angriff im Iran in Gang: Amerikanische Flugzeuge sollten iranische Radaranlagen und Raketenstellungen bombardieren - am Freitag, angeblich, um die Zahl ziviler Opfer am muslimischen Feiertag gering zu halten.

Drohen und gleichzeitig um Vermittlung bitten

Gleichzeitig bat er den Oman, vermittelnd einzugreifen. So übermittelte das Sultanat dem Iran eine amerikanische Warnung, dass ein Angriff bevorstehe und die Beteuerung Trumps, dass er nicht an einem Waffengang interessiert sei, sondern viel mehr an Verhandlungen mit der iranischen Führung. Eine iranische Zustimmung werde den geplanten Luftangriff verhindern, implizierte die Nachricht aus Washington, in Teheran behielt man aber die Nerven und spielte auf Zeit: Der "Oberste Führer", Ali Khamenei, habe Verhandlungen mit Washington bereits abgelehnt, man werde ihm die Botschaft aber übermitteln.

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Peter Philipp hat viele Jahre als Nahostkorrespondent in Israel gelebtBild: DW

Trump hatte sich selbst in eine Zwickmühle manövriert: Die US-Luftwaffe befand sich in der Region des Persischen Golfes bereits in der Luft und die Marine im Indischen Ozean im Alarmzustand. Außerdem stand die Androhung eines amerikanischen Angriffs im klaren Widerspruch zu Trumps Beteuerung, er wolle "ja nur verhandeln". Aus eigenem Antrieb hätte der Präsident wahrscheinlich keinen Ausweg gefunden, aber er muss gespürt haben, dass seine üblichen "Berater" wie John Bolton und Mike Pompeo ihm nicht wirklich weiterhelfen. Schon eher aber jene - anonym gebliebenen - Militärs, die ihn in jüngster Zeit beschworen haben sollen, in der gegenwärtigen Krise nicht nach seiner sonst üblichen Vorgehensweise zu handeln: Eine militärische Auseinandersetzung breche man nicht im Alleingang mit Dekreten vom Zaun, hierfür sei vielmehr ein möglichst breiter politischer Konsensus erforderlich.

Geschlossener oder auch nur mehrheitlicher Zustimmung aber - dies muss Trump gespürt haben - kann er sich inzwischen selbst in den eigenen Reihen nicht mehr sicher sein. Das dürfte ihm umso mehr Sorgen bereiten, als er doch eben diese Woche erst offiziell verkündet hat, für eine Wiederwahl zur Verfügung zu stehen. Eine militärische Auseinandersetzung mit dem Iran wäre das Gegenteil von dem, was Trump vor seiner ersten Wahl versprochen hatte: Er wolle die US-Truppen aus dem Nahen und Mittleren Osten nach Hause holen. Und nun verstärkt er sie in eben jener Krisenregion und schickt sie vielleicht in einen Krieg mit unabsehbaren Folgen für alle.

Wo bleibt der "Jahrhundertplan"?

Selbst wenn es nicht so weit kommen sollte, ist herzlich wenig von dem geblieben, was Trump großspurig für die Region angekündigt hatte: zum Beispiel vom "Jahrhundertplan" eines Friedens zwischen Israel und den Palästinensern. Veröffentlicht wurde dieser bisher nicht und wird es vielleicht nie - aber es ist genug bekannt, um die wichtigsten Parteien zu verprellen: Die bisher vorbehaltlose Unterstützung Trumps für Israel, vor allem die Abkehr von der Zweistaatenlösung, lässt die Palästinenser auf Distanz zu jeglicher US-Initiative gehen: Zu einer geplanten Konferenz in Bahrain am kommenden Dienstag reisen sie gar nicht erst an. Aber auch Israel wird dort nicht offiziell vertreten sein und andere Staaten der Region werden - wenn überhaupt - nur durch niedrige Chargen vertreten. Es ist dies zwar keine Friedenskonferenz, aber auch Normalisierung sieht anders aus. Und erst recht ein Jahrhundertplan.