1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Liebe deine Muttersprache!

Iveta Ondruskova21. Februar 2015

Unsere Sprache wird so schlampig gesprochen wie nie zuvor, klagen Sprachliebhaber. Manche sprechen sogar von einem Tsunami der Anglizismen. Iveta Ondruskova freut sich, dass es den Welttag der Muttersprache gibt.

https://p.dw.com/p/1EeyS
Symbolbild Muttersprache / Sprache Globalisierung International (Foto: picture-alliance/blickwinkel)
Bild: picture-alliance/blickwinkel

Sprachen sind wie Pflanzen. Wenn man sie vernachlässigt und nicht pflegt, gehen sie ein. Vom Aussterben bedroht sieht die UNESCO rund die Hälfte aller Sprachen. Ein Indiz dafür: 90 Prozent der weltweit gesprochenen etwa 6.000 Sprachen sucht man vergeblich im Internet. Sie sind dort nicht zu finden, sie finden im Netz einfach nicht statt. So wird schon deutlicher, worum es geht, wenn die UNESCO vor einer zunehmenden Gefährdung der sprachlichen Vielfalt warnt.

Was macht diese Vielfalt aus? Nehmen wir als Beispiel den Tag Samstag : Samedi heißt es auf Französisch, sobota auf Polnisch, Sávvato auf Griechisch, lauantai auf Finnisch, szombat auf Ungarisch, Cumartesi auf Türkisch, sâmbătă auf Rumänisch, zaterdag auf Holländisch, subbota auf Russisch, sestdiena auf Lettisch, lørdag auf Norwegisch, Hari Sabtu auf Indonesisch, sábado auf Spanisch, Xīngqíliù auf Chinesisch, e shtunë auf Albanisch, Sabota auf Mazedonisch, Śanibāra auf Bengalisch und Saturday auf Englisch.

Kulturellen Reichtum der Menschheit bewahren

Und genau darum geht es am Welttag der Muttersprache: Diese Vielfalt nicht aufzugeben, sie zu pflegen und zu bewahren. Denn die Vielzahl und Verschiedenheit der Sprachen ist das kulturelle Kapital der Menschheit. Wenn wir auch künftig keine Monokultur wollen, müssen wir uns um unsere eigene Sprache kümmern. Nur so können wir verhindern, dass der "Samstag" später nicht in jedem Winkel der Erde nur "Saturday" genannt wird.

Doch die Muttersprache allein reicht heute nicht mehr aus. In der modernen Wirtschaft, Wissenschaft und Technik kann man sich zunehmend fast nur noch auf Englisch mitteilen. Deshalb ist es pragmatisch und richtig, dass alle Englisch lernen - als universale Zweitsprache. Nicht mehr, nicht weniger. Diese universale Zweitsprache ist jedoch nur wünschenswert, wenn sie die Muttersprachen nicht verdrängt. Ziel muss es also sein, die eigene Sprache zu pflegen, zumindest eine oder zwei Fremdsprachen zu lernen und kein Sprachgulasch wie Denglisch, Spanglisch oder Franglais zu unterstützen. Es kommt darauf an, das richtige Maß zwischen dem Eigenen und dem Fremden zu finden. Und dabei nur das zu übernehmen, was wirklich sinnvoll ist. Auch bei Sprachen gilt schließlich: Wer das Eigene nicht schätzt, der irrt und verirrt sich nur - in der naiven Überschätzung des Fremden.

Iveta Ondruskova, Deutsche Welle, Redakteurin (Foto: privat)
DW-Redakteurin Iveta OndruskovaBild: privat

Von den Angelsachsen lernen

Denn nicht alles, was in unseren Ohren modern oder aufregend klingt, ist tatsächlich neu. Worte wie news, talk, fun oder show sind bereits Jahrhunderte alt. Auch den lover gibt es schon in einem Gedicht von Shakespeare, das 400 Jahre alt ist. Doch den Angelsachsen reichen diese uralten Begriffe auch heute noch aus, um sich zu verständigen oder die Dinge der modernen Welt zu benennen. Der "chat" via Internet zwischen einem Chinesen und einem Afrikaner ist etwas anderes als der Schwatz in einer englischen Kneipe im 18. Jahrhundert. Trotzdem ist das alte Wort "chat" immer noch geeignet, um eine moderne Sache von heute zu bezeichnen.

Was steht hinter solch einer sprachlichen Selbstgenügsamkeit? Wahrscheinlich ist es Liebe, die große Liebe zur eigenen Muttersprache. Und in dieser Hinsicht können wir von den Angelsachsen lernen: den liebevollen Umgang mit unserer eigenen Sprache. Schon deshalb würde es sich lohnen, den Sprachliebhabern und ihren Klagen weltweit richtig zuzuhören. Und dabei ein bisschen nachzudenken. Wie benutze ich meine Muttersprache? Wie gehe ich mit ihr um?