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Politik

Das Ende einer politischen Karriere

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Robert Schwartz
27. Mai 2019

Der Chef der PSD, Liviu Dragnea, muss ins Gefängnis. Für den mächtigen Strippenzieher ist dies nach der Niederlage bei den Wahlen zum Europaparlament ein spätes, aber endgültiges politisches Aus, meint Robert Schwartz.

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Rumänien Liviu Dragnea
Bild: picture-alliance/AP/V. Ghirda

Die Schlappe der sogenannten Sozialdemokraten Rumäniens bei den Europawahlen am Sonntag war das Vorspiel für den endgültigen Niedergang des Parteichefs Liviu Dragnea und seiner Partei. Abgewatscht von den eigenen Wählern musste er am Montag nun auch das Urteil des Berufungsgerichts in seinem Prozess wegen Anstiftung zum Amtsmissbrauch zur Kenntnis nehmen. Bereits wegen Wahlbetrugs zu einer Haftstrafe auf Bewährung verurteilt, muss Dragnea jetzt für dreieinhalb Jahre hinter Gitter.

In 30 Jahren nichts hinzugelernt

Ein bitteres Ende für den Strippenzieher einer Partei und einer Regierung, die sich unter seiner Fuchtel zu einem Netz aus Korruption und Vetternwirtschaft entwickelt haben. Dragnea, Parteichef und Parlamentspräsident, hatte noch am Sonntagabend nach der Wahlniederlage "seiner" PSD von einer Fortsetzung der "erfolgreichen sozialen" Politik gesprochen. Das weckte Erinnerungen an den Dezember 1989, als ein wackeliger kommunistischer Diktator Ceausescu den Demonstranten in Bukarest noch schnell 100 Lei Zuschuss auf ihren Jammerlohn versprach, um sich zu retten. Was dann passierte, ist bekannt. Die politische Wende in Rumänien liegt bald 30 Jahre zurück, doch die Nachfolgepartei der gestürzten Kommunisten, die PSD, scheint in all dieser Zeit kaum etwas hinzugelernt zu haben.

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Robert Schwartz leitet die Rumänische Redaktion der DW

Beispielhaft für die Realitätsferne Dragneas und seiner Kamarilla waren die Europawahlen: Mit einem anti-europäischen, populistischen und verlogenen Diskurs hetzte die PSD gegen die liberalen und demokratischen Kräfte im eigenen Land. Und gegen den liberal-konservativen Staatschef Klaus Iohannis. Dragnea und die von ihm kontrollierte Regierung versprachen ihren Wählern das Blaue vom Himmel, ohne auch nur im Entferntesten zu erkennen, dass ein solcher Lügen-Diskurs auch viele Anhänger zu einer klaren Anti-PSD-Stimmung führen könnte. Und genau das ist geschehen - im Land selbst, aber auch vor den staunenden Augen der Menschen in der gesamten Europäischen Union: Tausende Rumänen, die im EU-Ausland wohnen und arbeiten, warteten stundenlang geduldig vor den Botschaften und Konsulaten ihres Landes, um ihre Stimme abzugeben. Sie wollten für Europa und für ein Referendum über die Unabhängigkeit der Justiz und den Kampf gegen Korruption abstimmen, das Präsident Iohannis zeitgleich mit den Europawahlen angesetzt hatte.

Die rumänische Regierung und die ihr unterstellte Zentrale Wahlbehörde haben mit allen Mitteln versucht, die Wahl der Auslandsrumänen zu verhindern. Viel zu wenige Wahllokale wurden für die rund vier Millionen Rumänen eingerichtet, die im EU-Ausland leben. Lange Schlangen vor den Wahllokalen in Berlin, Rom, London und in vielen anderen Städten Europas riefen vielerorts die Bewunderung der Einheimischen hervor: Guck Mal, die Rumänen. Die stehen bis zu sieben Stunden an, um zu wählen. Für Europa. Toll!

Systematische Wiederholung eines Skandals

Die Einzigen, die dies nicht so toll fanden, waren Dragnea und die rumänische Regierung. Sie verordneten den Botschaften, die Wahllokale um 21 Uhr zu schließen, und stahlen somit den Menschen in den immer noch langen Schlangen die Möglichkeit, ihr demokratisches Recht auszuüben. Die systematische Wiederholung eines Skandals, der bei den Präsidentschaftswahlen vor fünf Jahren den damaligen rumänischen Außenminister das Amt gekostet hat. Die Ironie der Geschichte: derselbe Außenminister hat dieses erneute Debakel zu verantworten. Ein Glück, dass einige Botschafter die Anordnung missachteten und die Wähler aufs Botschaftsgelände ließen. So geschehen in Berlin, wo der letzte Wähler seine Stimme kurz vor Mitternacht abgeben konnte. Obwohl Bukarest die elektronischen Erfassungs-Systeme bereits abgeschaltet hatte. Zustände wie in einer Bananenrepublik, mitten in Europa.

Der logische Schluss des Debakels kann jetzt nur heißen: Rücktritt der kompromittierten, PSD-geführten Regierung. Je schneller, desto besser. Für das europäische Rumänien und für die eigene Partei, die ohne tiefgreifende Reform bald zur Bedeutungslosigkeit verkümmern dürfte. Wer zu spät kommt, den… - auch diese Fortsetzung ist bestens bekannt.