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Truppenabzug reicht nicht

Peter Philipp2. Oktober 2006

Die israelische Armee hat sich aus dem Libanon zurückgezogen - allerdings nur fast. Israel bleibt im Nachbarland militärisch präsent. Das müsste sich im Interesse aller Betroffenen ändern, meint Peter Philipp.

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Fernschreiber Autorenfoto, Peter Philipp

Grund zur Freude, Grund aber auch zu banger Ungewissheit: Endlich - fast drei Monate nach ihrem Einmarsch - hat Israel am Sonntag (1.10.06) den Rückzug seiner letzten Soldaten aus dem Libanon bekannt gegeben. Sechs Wochen nach dem Ende der Kämpfe und dem Beginn der internationalen Bemühungen um eine dauerhafte Regelung.

Aber: Israel hat nur die Truppen zurückgezogen, die während des 34-tägigen Krieges einmarschiert waren. Es kontrolliert weiterhin das Gebiet der so genannten Sheba-Farmen - ein Gebiet, dessen Zugehörigkeit zum Libanon oder aber auch zu Syrien strittig ist. Israelisches Militär hält sich zudem noch in einem zwischen Libanon und Syrien geteilten Dorf auf.

Es bleibt gefährlich

Zufriedenheit herrscht dennoch bei den Vereinten Nationen, begrenzt auch im Libanon und in Israel - in der Hoffnung, dass nun ein neues Kapitel aufgeschlagen wird, denn im Südlibanon haben ab sofort nur die libanesische Truppen und Einheiten der UN-Interim-Truppe UNIFIL das Sagen. So wollen es die Beschlüsse der Vereinten Nationen.

Gleichzeitig ist aber ein anderer - auch von der UNO geforderter - Punkt nicht erfüllt: Die Hisbollah hat sich bisher nicht bereit erklärt, die Waffen niederzulegen. Ihr Führer, Hassan Nasrallah, feiert stattdessen einen vermeintlichen Triumph über Israel und droht weiterhin mit "Tausenden von Raketen". Solange Hisbollah im Südlibanon unter Waffen steht, kann sie jederzeit einen neuen Konflikt provozieren und niemand nimmt ernsthaft an, dass Israel das nächste Mal mit mehr Besonnenheit reagieren wird.

Hisbollahs guter Ruf

Weder die libanesische Armee noch die UNIFIL werden die Hisbollah gewaltsam entwaffnen: In Beirut sitzt die "Partei Gottes" mit in der Koalition, und selbst das nun robustere Mandat der UNIFIL sieht solch eine Aufgabe nicht vor.

Schließlich hat die Hisbollah wegen des brutalen und undifferenzierten Einsatzes der israelischen Armee während des Krieges die Anerkennung selbst von solchen Libanesen erworben, die eigentlich nichts mit ihr zu tun haben wollen. Die Hisbollah genießt den Ruf, als einzige Israel Widerstand zu leisten.

Solange sich auch nur ein einziger israelischer Soldat im Libanon befindet, solange wird die Hisbollah das Wort vom Widerstand abgenommen. Israel sollte sich deswegen wirklich aus allen vom Libanon beanspruchten Gegenden zurückziehen. Erst dann müsste die Hisbollah Farbe bekennen und sich entscheiden zwischen Widerstand und Terrorismus.

Am Montag (2.10.) beginnenden Yom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag, geht man in sich und macht eine Bestandsaufnahme. Auch die israelische Regierung sollte das tun. Und dem sinn- und erfolglosen Krieg endlich einen Schlusspunkt setzen. Der Rückzug vom Sonntag war richtig, aber er reicht noch nicht.