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Kommentar: Mittel gegen das Entführungs-Unwesen

Peter Philipp 31. Dezember 2005

Jürgen Chrobog weiß, was er tut und kann Gefahren einschätzen. Aber sie existieren halt überall. Im Jemen könnten sie reduziert werden: mit mehr Geld und Demokratie. Peter Philipp kommentiert.

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"Der Krisenmanager in der Krise" - so und ähnlich lauteten Kommentare in deutschen Medien zur Entführung der Familie von Jürgen Chrobog, dem ehemaligen Staatssekretär im Auswärtigen Amt und Unterhändler in nicht einer Geiselaffäre, in die deutsche Staatsbürger verwickelt waren. Dass solch ein erfahrener Experte selbst Opfer einer Entführung werden sollte - da schwang schon etwas Ironie mit in den Meinungsspalten der Tageszeitungen. Ein Gefühl, das völlig fehl am Platz war und bleibt. Und das auch dadurch nicht gerechtfertigt wird, dass die Entführung nun relativ harmlos verlaufen und beendet ist.

Zwischen Irak und Jemen ist ein Unterschied

Fernschreiber Autorenfoto, Peter Philipp

Die letzten Tage im Jemen zeigen, dass auch die größte Erfahrung und die besten Sicherheitsmaßnahmen keine wirkliche Garantie für Sicherheit sind. Natürlich ist es immer noch ein himmelweiter Unterschied, wie Susanne Osthoff im Irak um jeden Preis Altertümer retten zu wollen und dabei Entführern in die and zu fallen. Oder - wie Jürgen Chrobog - mit Familie in den Jemen zu reisen, um ein faszinierendes Land zu besuchen, in dem Entführungen zwar auch Tradition haben, meist aber nur - dieser Ausdruck sei erlaubt - ein "Mittel" sind zur Durchsetzungen von Forderungen gegenüber der Zentralregierung.

Man kann nicht alle Gefahren umgehen

Im Fall des Irak und ähnlich gefährlicher Regionen anderswo ist die Forderung berechtigt, unbeteiligte Ausländer sollten diese Gegenden meiden. Sie gefährden sich dort selbst und sie bringen ihre Regierung in unnötige Schwierigkeiten. Anders im Fall des Jemen: Das Auswärtige Amt hatte deswegen auch nicht ausdrücklich vor Reisen in das Land der Königin von Saba gewarnt, es hatte nur die Befolgung gewisser Vorsichtsmassnahmen angemahnt.

Mit Recht: Man kann nicht jedes Land meiden, in dem es Risiken gibt. Dies hieße in letzter Konsequenz: Keine Reisen mehr nach Ägypten, Tunesien, in die Türkei. Die Liste ließe sich problemlos verlängern. Und sie wird nicht nur aus muslimischen und so genannten Drittweltländern bestehen, wie die Anschläge von Madrid und London gezeigt haben. Gefahren gibt es, überall. Erst wenn man sich dadurch einschüchtern lässt, in das eigene Schneckenhaus zurückzieht oder vor solchen Gefahren erstarrt wie das Kaninchen vor der Schlange, erst dann können die Betreiber des Terrorismus ihren Sieg feiern.

Nicht allein lassen

Und in den Bereich Terrorismus fallen auch die Entführungen im Jemen. Trotz ihrer durchaus korrekten Zuordnung zur jemenitischen Tradition und Folklore. Wer immer etwas auf Kosten Unschuldiger durchzusetzen versucht, der betreibt Terrorismus. Außenstehende sind dagegen in den meisten Fällen machtlos. Im Jemen zumindest könnte man das Entführungsunwesen sicher reduzieren, wenn es den Menschen in diesem Armenhaus der arabischen Welt besser ginge und wenn mehr Geld einher ginge mit mehr Demokratie: Dann käme so schnell keiner mehr auf die Idee, sich an Ausländern schadlos zu halten. Eine Garantie hierfür gibt es nicht. Wenn das Ausland den Jemen nun aber allein ließe, dann würde die Lage sich sicher nicht bessern.