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Nicht täuschen lassen!

Ingo Mannteufel8. Oktober 2008

Mit dem vorzeitigen Abzug der russischen Truppen aus den Pufferzonen in Georgien möchte Moskau eine konstruktive Rolle demonstrieren. Das ist gut, aber die EU darf nicht zu früh darauf eingehen, meint Ingo Mannteufel.

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Kommentar
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Ingo Mannteufel
Ingo Mannteufel

Russlands Präsident Dmitri Medwedew konnte vor seinem Treffen mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy in Evian voller Stolz verkünden, dass Russland, wie versprochen, seine Truppen sogar vor der vereinbarten Frist am Freitag (08.10.2008) aus den Pufferzonen in Georgien abgezogen haben wird. Damit will sich Russland als verlässlicher und konstruktiver Partner der Europäischen Union zeigen und den in den letzten Monaten entstandenen Vertrauensverlust wieder gut machen.

Kein Politikwechsel

Medwedew kann dies mit aller Gelassenheit und Souveränität tun, denn mit dem Rückzug der Truppen aus den Pufferzonen verliert Russland faktisch nicht viel. Militärstrategisch spielt der Rückzug keine Rolle: Russische Armeeeinheiten sichern fortgesetzt die abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien. Dort sollen auf Dauer insgesamt 7600 Soldaten stationiert werden.

Auch in diplomatisch-politischer Hinsicht hat sich Russland mit dem Abzug der Soldaten kein Stück bewegt: Das Prinzip der territorialen Integrität Georgiens wird durch die russische Anerkennung der Unabhängigkeit von Abchasien und Südossetien weiterhin missachtet.

Der vor Ablauf der vereinbarten Frist abgeschlossene Abzug der russischen Truppen aus den Pufferzonen ist als Ausdruck der aktuellen russischen Strategie zu bewerten. Denn Russland hat seine Ziele im Konflikt vorerst erreicht - und zwar die von Georgien abtrünnigen Provinzen militärisch gesichert und diplomatisch anerkannt. Russland gibt sich daher nun an als konstruktiver Partner der Europäischen Union und hofft, so mehr erreichen zu können.

Grundfrage bleibt

Das Grundproblem bleibt jedoch bestehen: Russland hat die georgische Aggression gegen das separatistische Regime in Südossetien dazu genutzt, die Unabhängigkeit der pro-russischen Gebiete Abchasien und Südossetien anzuerkennen. Damit hat Moskau erstmals seit dem Zerfall der Sowjetunion vor 17 Jahren das Prinzip der Unverletzlichkeit der Grenzen auf dem postsowjetischen Territorium auch in juristischer Hinsicht missachtet.

Das ist nicht nur eine bedrohliche Situation für Georgien, die dem georgischen Präsidenten Saakaschwili gar nicht gefallen wird. Es ist auch eine gefährliche Entwicklung für den Frieden auf dem eurasischen Kontinent.

Notwendig ist daher ein Kaukasus-Stabilitätspakt, dessen Aushandlung nun hoffentlich kommende Woche in Genf zwischen Russland, der Europäischen Union und allen Betroffenen - also auch den Vertretern Abchasiens und Südossetiens - in Angriff genommen wird. Dazu gehört aber auch die politische Situation im russischen Nordkaukasus. Nur so lässt sich eine dauerhafte und friedliche Lösung der Region erreichen.

Vom konstruktiven Verhalten Russlands in diesen Verhandlungen sollte die Europäische Union ihre Russlandpolitik abhängig machen und nicht vom Abzug einiger russischer Soldaten aus den von ihnen erst selbst geschaffenen Pufferzonen.