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Mullah Omar - Das Ende einer Ära

Weigand Florian Kommentarbild App
Florian Weigand
29. Juli 2015

Egal welche Rolle die Taliban nach dem Tod von Mullah Omar spielen, die zentrale Integrationsfigur wird fehlen. Aber auch der Friedensprozess mit der Kabuler Regierung ist jetzt in Gefahr, meint Florian Weigand.

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Fahndungsaufruf des FBI zu Mullah Mohammed Omar (Foto: FBI via AP)
Bild: picture alliance/AP Photo

Keine Frage, der nun verkündete Tod von Mullah Omar schließt ein Kapitel der jüngeren afghanischen und der Weltgeschichte ab. Neben Osama Bin Laden war er die Personifizierung des radikalen Gotteskriegers. Gegen ihn und seine Anhänger zog der Westen am Hindukusch in einen Krieg, der viele Menschen und Milliarden verschlungen hat. Auf Seiten der Gotteskrieger kreisten die sonst so uneinigen Gruppen der Taliban planetengleich um den verehrten "Amir al Momimeen", den "Emir der Gläubigen". Wie ein Geist schwebte er über seinen Gefolgsleuten. Über viele Jahre ohne direkt in Erscheinung zu treten.

Seit dem Ende der Taliban-Herrschaft in Afghanistan ist er nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen worden. Nur Bilder kursierten und schriftliche Botschaften. Die Datierungen lassen sich kaum verifizieren. Das letzte Sendschreiben zum Ende des Fastenmonats ist gerade mal zwei Wochen alt. Mullah Omar bleibt im Gedächtnis als der finstere Mann mit Vollbart und einem blinden Auge, wie er sich - auch hier nur nach unbestätigten Augenzeugenberichten - vor 14 Jahren zuletzt gezeigt haben soll. Was er seitdem zu sagen hatte, war wohl schon länger ein PR-Konstrukt seiner engsten Entourage im pakistanischen Exil Quetta.

Porträt Florian Weigand (Foto: DW)
Florian Weigand, DW-Afghanistan-Redaktion

Ob nun die Taliban vollends auseinanderfallen, bleibt abzuwarten. Eine Neuauflage des Regimes der 90er Jahre wird es aber mit Sicherheit nicht mehr geben. Selbst wenn die derzeitige Regierung in Kabul weggefegt werden sollte, es werden nicht mehr die gleiche Kräfte sein, die dann ans Ruder kommen. Die Taliban sind mit dem Tod ihrer Symbolfigur sichtlich geschwächt, und der IS tritt am Hindukusch immer offensiver auf.

Wann immer Mullah Omar wirklich gestorben ist, die Verkündigung seines Todes fällt in eine sensible Zeit. Eigentlich sollten am Freitag die Friedensgespräche mit der Kabuler Regierung wieder aufgenommen werden. Dafür treffen sich Delegationen beider Seiten in einem Ferienressort in der Nähe der pakistanischen Hauptstadt Islamabad. Dass die Vertreter der Taliban dann noch sprechfähig sind, erscheint fraglich. Wahrscheinlicher ist eher, dass sie mit Kämpfen um die Nachfolge beschäftigt sind. Vielleicht aber ist die Angelegenheit schon längst geklärt. Gerüchte über Mullah Omars Ableben geistern schon seit Jahren durch die Medien.

In beiden Fällen bleibt die Frage offen, warum der Tod gerade heute bekannt gegeben wurde. Profitieren können davon eigentlich nur Kräfte, die den Friedensprozess torpedieren wollen. Nur sie haben ein Interesse daran, dass es keine zentrale Autorität mehr gibt, die die Ergebnisse solcher Verhandlungen im Hintergrund abnickt oder in deren Namen zumindest verhandelt werden kann.

Nun steht zu befürchten, dass sich einige Talibangruppen nicht mehr an die Ergebnisse der Gespräche gebunden fühlen und sich einer anderen gespenstischen Gestalt in der islamistischen Terrorszene zuwenden: Al Bagdadi vom sogenannten "Islamischen Staat". Auch er ist seit längerer Zeit nicht mehr öffentlich in Erscheinung getreten.

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