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Obamas Einwanderungsgesetz

Michael Knigge14. November 2014

Mit dem angekündigten Alleingang bei der Einwanderungsreform erfüllt US-Präsident Obama ein Wahlkampfversprechen und bringt die Republikaner gegen sich auf. Doch die Reform ist gut für das Land, meint Michael Knigge.

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USA New York Immigranten
Bild: Getty Images

Barack Obamas Plan, die Einwanderungsreform ohne Zustimmung des Kongresses umzusetzen, ist keine Überraschung. Bereits im Juni hatte Obama erklärt, er werde das Thema nun selbst angehen, nachdem zweijährige Verhandlungen im Kongress über die Reform der Einwanderungsgesetzgebung an den Republikanern gescheitert waren. Die Handlungsunfähigkeit der Parlamentarier machte dem bis dahin zögerlichen Präsidenten endgültig klar, dass es die von ihm im Wahlkampf versprochene Reform nur geben würde, wenn er sie selbst per Dekret und ohne Zustimmung des Kongresses umsetzt.

Seit dem Sommer arbeiteten Rechtsexperten des Weißen Hauses mit externen Fachleuten daran, die Maßnahmen so umzusetzen, dass sie auch einer Klagewelle der Republikaner standhalten würden. Am Tag nach den Zwischenwahlen erklärte Obama dann, der Erlass werde noch in diesem Jahr kommen. Jetzt ist es offenbar so weit. Nach US-Medienberichten könnte er schon nächste Woche umgesetzt werden.

Perspektive für Millionen

Den bisher bekannt gewordenen Details des Erlasses zufolge, wagt Obama den großen Wurf. So soll der Kernpunkt der Reform bis zu fünf Millionen Menschen ohne Aufenthaltsgenehmigung vor Abschiebung schützen. Eltern von Kindern, die US-Bürger sind oder sich legal in den USA aufhalten, sollen die Erlaubnis bekommen, zu arbeiten und im Land zu bleiben.

Der Obama-Erlass beinhaltet offenbar auch die Ausweitung eines vor zwei Jahren gestarteten Programms zum Schutz junger Einwanderer vor Abschiebung. Zudem sind Maßnahmen zur Verbesserung der Berufschancen für Einwanderer mit IT-Kenntnissen sowie zusätzliche Investitionen in den Schutz der Grenze zu Mexiko geplant. Ersteres soll die Unterstützung des Vorhabens durch die Wirtschaft sichern, letzteres von vorne herein den möglichen Vorwurf der Republikaner entkräften, Obama vernachlässige die Grenzsicherung.

Deutsche Welle Michael Knigge
DW-Redakteur Michael Knigge: Dringend notwendige ReformBild: DW/P. Henriksen

Doch eigentlich ist völlig unerheblich, was genau im Präsidentenerlass stehen wird. Denn die Republikaner haben wie erwartet sofort zum Widerstand gegen Obama geblasen. Der Sprecher des Repräsentantenhauses John Boehner kündigte bereits an, die Republikaner würden sich "mit Händen und Füßen wehren", sollte Obama die Reform umsetzen. Der erzkonservative Kolumnist Charles Krauthammer schwadronierte sogar, Obamas Verhalten erfülle den Tatbestand für ein Amtsenthebungsverfahren.

Republikanische Reformverweigerer

Präsident Obama muss sich warm anziehen. Zwar dürfte es schwer werden, den Erlass juristisch zu stoppen, aber die Republikaner im Kongress erwägen bereits die turnusgemäße Verabschiedung des Haushaltes zu blockieren, wenn der Einwanderungserlass nicht rückgängig gemacht wird. Das Ergebnis könnte ein erneuter "government shutdown", also die Schließung von Regierungsbehörden, sein.

Allen Drohungen zum Trotz sollte Obama alles tun, um zu verhindern, dass die Republikaner die Einwanderungsreform zunichte machen. Denn sie ist seit langem überfällig. Schon 2007 musste der damalige Präsident George W. Bush eine bittere Niederlage einstecken, als die von ihm vorangetriebene überparteiliche Einwanderungsreform schließlich von seinen eigenen Parteifreunden im Kongress zu Fall gebracht wurde. In diesem Sommer machten die Republikaner im Kongress mit der erneuten Ablehnung eines überparteilichen Reformvorschlages endgültig deutlich, dass sie kein Interesse an einer ernsthaften Reform der Einwanderungsgesetzgebung haben.

Die Kritik der Republikaner, Obamas eigenmächtiges Handeln untergrabe jede Möglichkeit für einen neuen Anlauf des Kongresses bei der Einwanderungsgesetzgebung, ist unaufrichtig. Die Bilanz der vergangenen Jahre spricht eine deutliche Sprache und zeigt, dass die Republikaner jeden Reformversuch torpediert haben. Es besteht kein Anlass zu glauben, ein künftig vollständig von den Republikanern kontrollierter Kongress würde plötzlich eine Kehrtwende machen.

USA als Einwanderungsland

Millionen Menschen in den USA leben dort ohne Aufenthaltserlaubnis – viele von ihnen sind schon seit Jahren im Land, arbeiten hart und bilden das Rückgrat der US-Wirtschaft. Sie können es sich nicht leisten, weitere sieben Jahre zu warten, bis die Republikaner endlich zu einer Reform bereit sind. Sie hängen schon zu lange in der Schwebe und verdienen eine Perspektive, um endlich vollwertige Mitglieder der amerikanischen Gesellschaft werden zu können.

Obamas Erlass wird nicht allumfassend sein und auch nicht alle wichtigen Fragen zum Umgang mit Einwanderung beantworten. Aber es ist ein wichtiger und mutiger Schritt in die richtige Richtung, der dem Einwanderungsland USA gut zu Gesicht steht.