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Kommentar: Politische Lösung verzweifelt gesucht

Loay Mudhoon14. Oktober 2014

Die internationale Gemeinschaft stellt Milliardenhilfen für den Wiederaufbau des Gazastreifens bereit. Doch ohne grundlegende politische Lösung dürfte der nächste Krieg programmiert sein, meint Loay Mudhoon.

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Zerstörte Häuser in Gaza-Stadt (Foto: REUTERS/Mohammed Salem)
Bild: REUTERS/M. Salem

Die internationale Geberkonferenz für den Wiederaufbau des kriegszerstörten Gazastreifens sammelte mehr als fünf Milliarden Dollar. Eine durchaus bemerkenswerte Summe, die sogar höher ausfällt als von der palästinensischen Autonomiebehörde veranschlagt. Alleine das regionalpolitisch aktive Mini-Emirat Katar stellt mehr als eine Milliarde Dollar zur Linderung der Not in Gaza zur Verfügung. Auch Deutschland gibt zusätzliche 50 Millionen Euro für sofortige Hilfsmaßnahmen.

Diese arabische und internationale Spenden- und Hilfsbereitschaft ist zweifelsohne begrüßenswert; sie ist wichtig und bitter nötig, damit schnelle Hilfe vor allem für die mehr als 100.000 durch den Krieg obdachlos gewordenen Palästinenser ermöglicht wird. Sie ist auch dringend notwendig, um die Grundversorgung von 1,7 Millionen Menschen mit Wasser und Energie zu gewährleisten.

Doch dies kann leider nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine politische Lösung für diesen asymmetrischen Konflikt nicht in Sicht ist.

Doppelblockade schnellstmöglich aufheben

Den Schlüssel für eine nachhaltige politische Lösung, mit deren Hilfe eine grundlegende Situationsveränderung zustande kommen kann, halten sowohl Israel als auch Ägypten in der Hand. Denn beide Länder kontrollieren die Grenzen des verarmten Küstenstreifens. Die Aufhebung ihrer Doppelblockade und die Gewährleistung des freien Waren-und Personenverkehrs – selbstverständlich unter internationaler Kontrolle - wäre aus diesem Grund der erste Schritt auf dem langen Weg zum Aufbau einer funktionierenden Wirtschaft im Gazastreifen.

Ende des Monates werden israelische und palästinensische Vertreter mit ägyptischer Vermittlung darüber verhandeln, wie es politisch weitergeht. Hier müssen internationale Akteure ansetzen und beide Konfliktparteien in die Pflicht nehmen: Zum einen muss auf palästinensischer Seite die Einheitsregierung die volle Verantwortung für den gesamten Prozess des Wiederaufbaus übernehmen. Und sie muss ihren Alleinvertretungsanspruch gegenüber der Hamas politisch und notfalls auch mit militärischen Mittlen durchsetzen.

DW-Nahostexperte Loay Mudhoon (Foto: DW)
DW-Nahostexperte Loay MudhoonBild: DW

Und zum anderen sollte Druck auf das ägyptische Sisi-Regime ausgeübt werden, damit es die Hamas nicht weiter dämonisiert und isoliert – und somit Teile ihrer Anhänger ins Lager barbarischer IS-Dschihadisten treibt. Bis dato erwies sich die national ausgerichtete Hamas trotz ihrer Militanz und ihrer fragwürdigen Ideologie als Bollwerk gegen international agierende Dschihadisten. Auch wenn der israelische Ministerpräsident Netanjahu in regelmäßigen Abständen das Gegenteil behauptet.

Letzte Chance für Zwei-Staaten-Lösung?

Und schließlich müsste der Westen Israel in die Pflicht nehmen: als faktische Besatzungsmacht trägt das Land nach internationalem Recht ohnehin die Hauptverantwortung für das Wohlergehen der Zivilbevölkerung im Gazastreifen.

Aber noch wichtiger: Westliche Akteure sollten alles daran setzen, dass wieder eine Verbindung zwischen Gaza, der Westbank und Ost-Jerusalem geschaffen wird. Vielleicht im Rahmen eines neuen, international überwachten Abkommens, das den Sicherheitsbedürfnissen Israels Rechnung trägt und auf Demilitarisierung Gazas abzielt, ohne die palästinensischen Gebiete voneinander zu trennen. Dabei geht es schlicht darum, die wahrscheinlich letzte Chance für die Realisierung der Zwei-Staaten-Lösung zu nutzen – und den Kreislauf der Gewalt endlich zu durchbrechen.