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Pentagon im Kurswechsel?

Daniel Scheschkewitz 13. März 2007

Ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums hat Berichte bestätigt, dass - entgegen den Durchhalteparolen Bushs - im Pentagon für einen Truppenabzug aus dem Irak geplant wird. Ein Kommentar von Daniel Scheschkewitz.

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Der Autor Daniel Scheschkewitz

Was ist denn nun, so mag man sich fragen, die wirkliche Irakpolitik der Bush-Regierung? Weiterkämpfen bis zum Sieg der Demokratie an Euphrat und Tigris oder ein Rückzug auf Raten?

Die Zeitungsberichte über die Ausarbeitung von Plänen für einen Großteil der mehr als 140.000 US-Soldaten im Irak im Pentagon sind nur scheinbar ein Widerspruch. In Wirklichkeit haben die meisten Spitzenpolitiker selbst in der Bush-Regierung längst Abschied genommen vom ursprünglichen Ziel eines demokratisch gefestigten, geeinten und amerikafreundlichen Iraks - trotz der offiziellen Durchhalteparolen Präsident Bushs und seines obersten Politikberaters Dick Cheney.

Falsche Pläne

Tatsächlich wird, das wissen wir nun, bereits an der Umsetzung dessen gearbeitet, was sich eine große Mehrheit der Amerikaner schon seit längerem sehnlichst wünscht: eine Rückkehr der Söhne und Töchter des Landes, die noch immer zu Hunderten ihr Leben lassen in einem Krieg, der nach realistischem Dafürhalten nicht mehr zu gewinnen ist. Das wissen die meisten Militärs und das weiß auch Verteidigungsminister Robert Gates. Er ersetzte nicht zuletzt deswegen seinen Vorgänger Donald Rumsfeld Ende letzten Jahres im Pentagon, weil er frei von ideologischer Engstirnigkeit die Hoffungslosigkeit der Lage im Irak erkannt hat. Gates war der Preis, den Bush zu zahlen hatte für die Wahlniederlage der Republikaner bei den Kongresswahlen im November.

Folgerichtig machte man sich im Pentagon dann offenbar auch schnell an die Ausarbeitung von Plänen für einen Truppenrückzug, den eine Mehrheit der US-Demokraten am liebsten schon im kommenden Jahr abgeschlossen sehen möchte. Dann nämlich könnte man einem möglicherweise demokratischen Amtsnachfolger im Weißen Haus das Scheitern im Irak nicht mehr anlasten.

Bush selbst kann und will den Truppenabzug nicht anordnen, müsste er doch sonst das Scheitern seiner Präsidentschaft eingestehen. Gleichzeitig kann er aber nur auf die weitere Bewilligung von Geldern für die noch einmal um 20.000 Mann aufgestockten Truppen im Irak hoffen, wenn hinter den Kulissen den Truppenabzug zumindest logistisch vorbereitet wird.

Bush bleibt Utopist

Dass es dazu in nächster Zeit auch tatsächlich kommen wird, ist allerdings eher unwahrscheinlich. Im Pentagon wird am grünen Tisch so manches Szenario durchgeplant. Auch für einen Militärschlag gegen den Iran gibt es längst Pläne, die deshalb noch lange nicht zur Anwendung kommen müssen. Aber wenn sich die Lage für die US-Truppen im Irak weiter dramatisch verschlechtern sollte, dann müsste zumindest Bushs Nachfolger im Weißen Haus schnell handeln können.

Insofern sind die Planspiele des Pentagon Realpolitik hinter verschlossenen Türen. Bushs Amtszeit geht 2008 zu Ende – die öffentliche Debatte in Amerika steht schon jetzt ganz im Zeichen des heraufziehenden Präsidentschaftswahlkampfes. Bis dahin wird im Irak wohl noch viel Blut fließen. Und mit jedem weiteren amerikanischen Toten wird der Druck wachsen, aus den Rückzugsplänen Wirklichkeit werden zu lassen. Bush selbst jedoch wird vor den Kulissen bleiben was er ist - ein gefährlicher, aber unbeirrbarer Utopist.