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Politik

Rational - Irrational

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Peter Sturm
11. August 2017

Der nordkoreanische Staatsführer hat eine Strategie, die er hartnäckig verfolgt. Die widersprüchlichen Signale aus Washington deutet er als Bedrohung. Das erschwert eine Lösung des Konflikts noch mehr, meint Peter Sturm.

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Seoul Donald Trump und  Kim Jong Un auf einem Screen
Bild: picture alliance/dpa/AP/A. Young-joon

Über Kim Jong-un ist schon viel geschrieben worden, mit Recht selten etwas wirklich Wohlwollendes. Aber in der gegenwärtigen Situation, die zu einer Krise werden könnte, kann man dem nordkoreanischen Staatsführer eines bescheinigen: Kim Jong-un handelt nicht irrational. Er hat vielmehr eine Strategie. Und diese verfolgt er mit großer Hartnäckigkeit, darin seinem Vater Kim Jong-il und Großvater Kim Il-sung ähnlich. Im Gegensatz zu den Altvorderen verspürt Kim Jong-un aber offenbar akuten Zeitdruck. Das hängt sicher mit dem Regierungswechsel in Washington zusammen.

Die Regierung Trump hat verkündet, die Obama-Strategie der „strategischen Geduld" im Umgang mit Nordkorea sei zu Ende. Dass seit Januar immer wieder widersprüchliche Signale aus Washington kommen, deutet Kim Jong-un wahrscheinlich nicht als das, was es in Wirklichkeit ist, nämlich regierungsamtliches Durcheinander. Vielmehr schließt er von sich auf andere dergestalt, dass alles öffentlich Gesagte bis aufs Kleinste abgestimmt ist. Und aus dieser Perspektive wirkt Durcheinander auf der anderen Seite dann schnell bedrohlich, weil es den potentiellen Gegner (angeblich gezielt) verwirrt.

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FAZ-Redakteur Peter SturmBild: FAZ

Deshalb sieht Kim Jong-un ein „Fenster der Verwundbarkeit" für sich. Wichtigster Grund dafür ist, dass er nur propagandistisch mit Amerika auf Augenhöhe agieren kann. Militärisch hingegen ist das noch lange nicht der Fall. Daran haben auch Atom- und zahlreiche Raketentests nichts geändert. Kim will sein Atomwaffenprogramm so schnell wie technisch möglich zum Abschluss bringen, weil er sich nur so vor einem Angriff sicher wähnt.

Eine ganz andere Frage ist, ob die guten Ratschläge zum Beispiel Chinas an die Vereinigten Staaten, Washington solle doch einen Dialog mit Pjöngjang aufnehmen, wirklich den Konflikt lösen könnten. Wenn es nämlich eine Konstante in Kim Jong-uns gut dreißig Lebensjahren gibt, dann ist es die, niemandem zu vertrauen, schon gar nicht jemandem aus dem Ausland und auch nicht einem Stück Papier. Deshalb ist zwar theoretisch ein Abkommen mit Nordkorea möglich, wenn auch kaum über die totale Entnuklearisierung der koreanischen Halbinsel. Es ist aber so gut wie unmöglich, darauf zu vertrauen, dass sich Kim Jong-un an dessen Bestimmungen halten würde. So weit reicht die Rationalität des nordkoreanischen Führers dann doch nicht.

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