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Kommentar: Rice spricht bestimmt kein Machtwort

Peter Philipp24. Juli 2006

Während Israel die Angriffe im Libanon fortsetzt, verschleiere die Präsenz von Condoleezza Rice, dass sich an der diplomatischen Front nur wenig tue. Eine Waffenruhe sei vorerst nicht in Sicht, sagt Peter Philipp.

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US-Außenministerin Condoleezza Rice (Archivbild)Bild: AP

Der israelische Verteidigungsminister, Amir Peretz, ließ gegenüber Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier keinen Zweifel offen: Sein Land werde die Angriffe im Libanon fortsetzen, bis man "das gesetzte Ziel erreicht" habe. Die Hisbollah müsse aus dem Grenzgebiet vertrieben und unschädlich gemacht werden. Erst wenn das geschehen sei, könne man sich die Stationierung von Nato-Einheiten im Libanon vorstellen, so Peretz.

Das bedeutet im Klartext: Der Krieg im Libanon wird andauern. Zumindest Tage, sagen die einen; vielleicht Wochen, sagen andere. Trotz aller internationaler Bemühungen – selbst arabischer Staaten wie Saudi-Arabien, Ägypten und Jordanien – um eine sofortige Waffenruhe. Minister Steinmeier hatte sich allerdings auch keine Hoffnungen gemacht, etwas anderes zu erreichen. Und wenn seine US-Kollegin Condoleezza Rice nun mit fast zweiwöchiger Verspätung auch in den Nahen Osten kommt, dann sicher nicht, um "ein Machtwort zu sprechen". Ihre Aufgabe ist es vielmehr, Zeit zu gewinnen und den Eindruck zu erwecken, es tue sich etwas auf diplomatischer Front. Während in Wirklichkeit doch nur die militärische Front aktiv ist und aktiv bleiben wird.

Gespräche im Hintergrund

Hinter dieser Taktik steht die in Jerusalem und Washington verbreitete Hoffnung, dass es Israel tatsächlich gelingen könnte, die Hisbollah weitgehend auszuschalten. Zugleich weiß man auch, dass man nicht mehr ewig warten kann. So verdichten sich die Anzeichen, dass im Hintergrund bereits Gespräche über einen Gefangenenaustausch und die Bedingungen für eine Waffenruhe stattfinden. Demnach soll die Hisbollah entwaffnet und ihr Nachschub abgeschnitten werden, Israel soll seine Angriffe einstellen und eine Nato-Streitkraft soll sicherstellen, dass diese Bedingungen eingehalten werden.

Israel und die USA scheinen bewusst einen Nato-Einsatz zu fordern, weil dieser mehr Unabhängigkeit und mehr Durchsetzungsvermögen verspricht. Eine Uno-Truppe würde sich in erster Linie aus Kontingenten kleinerer Staaten zusammensetzen. Dabei müssten wohl einige Länder wie Indonesien, die sich bereits freiwillig gemeldet hatten, wegen Befangenheit abgelehnt werden. Die Nato hingegen würde aus demselben Grund ohne US-Beteiligung auskommen müssen, aber sie könnte ihr Mandat mit mehr Nachdruck erfüllen als eine Blauhelm-Truppe.

Unparteiischer und ehrlicher Makler

Welche Rolle Deutschland dabei übernehmen kann und übernehmen wird, ist weiterhin offen. Einerseits genießt Deutschland auf beiden Seiten des Konflikts den Ruf eines unparteiischen und ehrlichen Maklers. Andererseits muss ein solcher Einsatz natürlich auch vor dem Hintergrund der deutsch-jüdischen Vergangenheit gesehen und daher besonders gründlich überlegt werden.

Am Mittwoch (26.7.2006) soll der Krieg im Libanon Thema einer internationalen Konferenz in Rom sein. Es ist nur schwer vorstellbar, dass die offenen Fragen bis dahin geklärt sind. Und die Erfahrung zeigt, dass Konferenzen auch nicht der Ort sind, an dem Sofortlösungen beschlossen werden. Trotz aller diplomatischen Bemühungen ist deswegen kein unmittelbares Ende in Sicht: Das Leiden der libanesischen Bevölkerung wird andauern und Israel wie die USA werden weiter an Sympathie und Verständnis einbüßen.