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Politik

Putin bleibt, die Spannungen mit dem Westen auch

Soric Miodrag Kommentarbild App
Miodrag Soric
30. Dezember 2017

Russland wird im neuen Jahr viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Zum einen wird gewählt, zum anderen ist der Weltfußball zu Gast. Welches Ereignis mehr Spannung verspricht, ist allerdings klar, meint Miodrag Soric.

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Syrien Putin ordnet Rückzug an - Besuch auf Militärbasis
Bild: picture alliance/ dpa/TASS/M. Klimentyev

Wahlen können interessant sein. Besonders dann, wenn nicht von vornherein der Gewinner feststeht. Insofern dürften die Präsidentschaftswahlen in Russland so spannend werden wie die Lektüre des Telefonbuches von Tscheljabinsk. Allen - auch den antretenden Kandidaten - ist klar: Der Sieger wird Wladimir Putin sein. Schließlich kontrolliert der Kreml das Fernsehen, verfügt über das meiste Geld und kann auf den Regierungsapparat einschließlich der Sicherheitskräfte zurückgreifen. Gäbe es einen Kandidaten, der Putin ernsthaft gefährlich werden könnte, dürfte er wohl kaum antreten.

Somit könnte der Kreml zufrieden sein mit dem, was in den kommenden Wochen und Monaten folgen wird: Ein Wahlkampf, der keiner ist. Ein Wettbewerb, in dem der Präsident weiter den Staatsmann gibt, ohne sich an der Konkurrenz abzuarbeiten.

Hohe Wahlbeteiligung als Erfolgskriterium

Doch die Regierung will mehr als nur einen Sieg. Sie möchte einen überwältigenden Sieg, einen mit einer hohen Wahlbeteiligung: irgendwas um die 70 Prozent, besser mehr. Das zu erreichen wird schwer. Denn "Iwan Iwanowitsch" fragt sich zu recht: Wozu sich durch den Schnee zur Wahlurne schleppen, wenn Wladimir Putin ohnehin Präsident bleibt? Der russische Normalbürger bleibt gerne zu Hause, wenn es de facto gar keine Wahl ist. Nach dem Motto: "Sollen sie doch mit ihren weißrussischen Wahlbeobachtern auszählen, was sie wollen!"

Eigentlich hätte Wladimir Putin dieses Schauspiel gar nicht nötig. Denn auch unabhängige Meinungsumfragen belegen: Er ist der klare Favorit. Selbst bei einem echten, fairen Wettbewerb dürfte der 65-Jährige gewinnen. Es bleibt sein Geheimnis, weshalb er das Risiko scheut. Vielleicht fürchtet Putin Demonstrationen; vielleicht glaubt er, dass viele seiner Landsleute die so populäre Annexion der Krim vergessen hätten oder ihm den sinkenden Lebensstandard verübeln könnten.

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DW-Russland-Korrespondent Miodrag Doric

An den Machtverhältnissen in Russland dürfte sich 2018 wenig ändern. Spannend könnte werden, was nach der Wahl vom 18. März passiert. Wird Putin mit gezielten Personalentscheidungen das Land auf die Zeit nach ihm vorbereiten? Kreml-Astrologen spekulieren, wer wohl Ministerpräsident werden könnte. Der jetzige Premier Medwedew scheint geschwächt. Vorwürfe, er habe Millionen in die eigene Tasche gewirtschaftet, wollen nicht verstummen. Ernennt Putin einen liberalen Wirtschaftsexperten oder einen Mann aus dem Sicherheitsapparat zu seinem Stellvertreter? So oder so - es könnte eine Weichenstellung für den zukünftigen Kurs Russlands sein.  

Neuer Machtfaktor in Nahost

Auch in der Außen- und Sicherheitspolitik. Da sich die Amerikaner aus vielen Regionen als Ordnungsmacht zurückziehen, versuchen Russland und China dieses Machtvakuum zu füllen. Im Nahen Osten, wo Russland bis vor wenigen Jahren kein wirklicher Faktor war, mischt Präsident Putin inzwischen kräftig mit. Sein Statthalter in Syrien, Präsident Assad, bleibt im Amt. Zumindest hier hat sich Russland durchgesetzt.

Wenig Bewegung dürfte es 2018 hingegen in der Ukraine-Krise geben. Moskau wird die Krim auch im neuen Jahr nicht wieder abgeben und die militärische Unterstützung für die russischsprachige Bevölkerung im Osten des Landes nicht einstellen. Folglich bleiben die westlichen Sanktionen in Kraft. Beide Seiten warten ab. Der Minsk-Prozess stockt. Selbst massive amerikanische Waffenlieferungen würden das Kräfteverhältnis in der Ukraine kaum ändern. Russland hofft, dass das Interesse für diese Region in Washington und Brüssel nach und nach abebbt.

Ein guter Gastgeber. Auch ein sicherer Gastgeber?

Im Sommer darf Putin zur Fußball-Weltmeisterschaft weltweite Aufmerksamkeit genießen. Selbst wenn Moskaus Kicker schlecht abschneiden: Russland wird alles tun, um ein guter Gastgeber zu sein. Gefahr droht freilich durch Terrorakte von Islamisten, etwa russischsprachigen IS-Rückkehrern aus Syrien oder dem Irak. Selbstmordattentate an öffentlichen Plätzen sind nur schwer zu verhindern. Immerhin arbeiten beim Kampf gegen Terrorismus die amerikanischen und russischen Dienste zusammen. Wenigstens das.       

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