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Politik

Schande über Frankreichs katholische Bischöfe

Barbara Wesel Kommentarbild App *PROVISORISCH*
Barbara Wesel
28. April 2017

Frankreichs katholische Bischöfe geben keine Wahlempfehlung gegen Marine Le Pen ab. Alle anderen Religionsvertreter haben es getan. Der Katholizismus scheint unfähig, aus der Geschichte zu lernen, meint Barbara Wesel.

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Frankreich Bildkombo Emmanuel Macron und Marine Le Pen
Bild: AFP/Getty Images

Der Oberrabbiner von Frankreich, der Rat der Muslime und die Vertretung der Protestanten haben es getan: Sie haben ihre Gläubigen aufgerufen, bei der Stichwahl Anfang Mai gegen Marine Le Pen und für Emmanuel Macron zu stimmen. Der Front National säe Hass und Zwietracht, sei nationalistisch, fremdenfeindlich und geeignet, Frankreich zu spalten, begründeten sie ihren Vorstoß.

Damit reihten sie sich ein in die Aufrufe der traditionellen Parteien, die rechtsradikale Le Pen von der Macht fernzuhalten. Sogar Linksaußen Jean-Luc Mélenchon hat nach längerem Zaudern seine Anhänger zumindest aufgefordert, nicht für sie zu stimmen. Wenn er es auch nicht über sich bringen konnte, stattdessen Macron zu empfehlen. Dennoch: Große Teile der sogenannten "Republikanischen Front", des übergreifenden gesellschaftlichen Bündnisses gegen eine Machtergreifung der Rechtsradikalen, stehen noch. Nur die Katholiken scheren aus.

"Sens Commun" gegen Macron

Die Gruppe politischer Katholiken, die aus den Demonstrationen gegen die Schwulenehe in Frankreich hervorgegangen ist, nennt sich "Sens Commun". Sie berufen sich auf traditionelle Familienwerte, eine extrem konservative Auslegung katholischer Glaubensartikel und zeigen sich als Gegner der liberalen Gesellschaft. Sie unterstützten mit aller Kraft den Konservativen Francois Fillon, der - getrieben wohl auch von dieser Gruppierung - während des Wahlkampfes immer weiter nach rechts rückte. Aber der skandalgeplagte Kandidat verpasste die Stichwahl kläglich.

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DW-Europa-Korrespondentin Barbara Wesel

Jetzt wirft sich der "Sens Commun" auf die Seite von Marine Le Pen. Nicht direkt, aber immerhin sprechen sich diese Katholiken gegen den liberalen Emmanuel Macron aus, weil er angeblich nicht für "die Familie" sei. In welchem irren Traum ist wohl der Le Pen-Clan, mit seinen Scheidungen und Intrigen, seiner Ruchlosigkeit und seinen Fehden ein Garant für katholische Familienwerte? Oder liebäugeln diese Neu-Katholiken einfach mit einer rechtsradikalen Politik mit autokratischen Zügen, deren totaler Machtanspruch den Weg in den Faschismus vorzeichnet?

Wo stehen die französischen Bischöfe?

Im Jahr 2002 als Jean-Marie Le Pen, Vater des rechtsradikalen Clans, in der Präsidentschaftswahl gegen Jacques Chirac antrat, veröffentlichten die katholischen Bischöfe einen flammenden Aufruf: "Christen, wir unterstützen nicht die Lügen des Kandidaten der Ausgrenzung, der Verachtung und des Hasses, besonders weil er das Evangelium für seine Zwecke einsetzt.  Das Projekt (…) des Front National hat nichts mit der Botschaft von Liebe und Hoffnung des Christentums zu tun."

Und was ist im Jahr 2017 anders? Sind die Bischöfe der "Entgiftung" der Partei durch Marine Le Pen auf den Leim gegangen? Glauben sie den Flötentönen der Tochter, dass ein bisschen Rechtsradikalismus nicht so schlimm sei? Was Le Pen vertritt, ist eine Gesellschaft des Hyper-Nationalismus, in der andere Meinungen, Abstammungen, Lebensformen verteufelt und ausgegrenzt werden und alle Macht in die Hände des Front National gelangen soll.

In Deutschland wissen wir, wozu das führt. Man nannte es Nationalsozialismus, und jeder kennt die Folgen. Damals hat die katholische Kirche stillgehalten und mit dem Faschismus kooperiert, von wenigen heldenhaften Ausnahmen abgesehen. Sie hat nicht versucht, die Verfolgung politischer Gegner und schließlich den Völkermord zu verhindern. Diese Schande bleibt für immer. Aber wollen die französischen Bischöfe eine Wiederholung? Bitte schickt ihnen schnell ein Paket mit Geschichtsbüchern, sie haben noch zehn Tage Zeit, aus den Lehren der Vergangenheit zu lernen.

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