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Sinkendes Schiff Eintracht

17. April 2016

Für den Traditionsklub aus Frankfurt hat sich die Lage im Bundesliga-Abstiegskampf dramatisch verschärft. Die Verantwortung dafür trägt die Vereinsspitze, meint DW-Sportredakteur Stefan Nestler.

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Enttäuschte Frankfurter Spieler (Foto: picture-alliance/dpa/F. Gambarini)
Bild: picture-alliance/dpa/F. Gambarini

Noch ist die Frankfurter Eintracht nicht abgestiegen. Doch vieles spricht dafür, dass der fünfte Gang in die 2. Liga kaum abzuwenden ist. Bereits vier Punkte liegt der Traditionsklub aus Hessen als Tabellenvorletzter hinter Werder Bremen auf dem Relegationsplatz 16. Dieser Rückstand erscheint auf den ersten Blick in den letzten vier Saisonspielen noch aufzuholen. Wahrscheinlicher aber ist, dass Frankfurt auch in den von Trainer Niko Kovac angekündigten "vier Endspielen" nicht mehr den Kopf aus der Schlinge ziehen kann.

Schweres Restprogramm

Zu Hause gegen Mainz, dann in Darmstadt, daheim gegen Dortmund und zum Saisonabschluss in Bremen - das Restprogramm der Eintracht hat es in sich. Mainz spielt eine ganz starke Saison und strebt in den Europapokal. Darmstadt, der Konkurrent aus der Region, hat sich noch nicht endgültig aus dem Abstiegskampf befreit, ist aber seit sechs Spieltagen ungeschlagen und hat mit dem 2:0-Sieg gegen Ingolstadt einen Riesenschritt Richtung Klassenerhalt gemacht. Der BVB ist in dieser Saison schlichtweg eine Nummer zu groß für die Frankfurter. Bleibt noch Bremen als letzter Gegner: Werder hat mit dem hart erkämpften 3:2-Erfolg gegen Wolfsburg demonstriert, dass die Moral trotz der prekären Lage noch stimmt.

Ohne Meier keine Tore

Das kann man von den Frankfurtern nicht gerade behaupten. Deren Moral reicht nur bis zum ersten Gegentreffer, wie das 0:3 in Leverkusen am Samstag deutlich machte. Nach dem 0:1 herrschte blankes Entsetzen, die Mannschaft brach förmlich auseinander und wurde zu einer leichten Beute des Gegners. 70 Minuten lang spielte die Eintracht nicht einmal schlecht, traf aber wie gewohnt das Tor nicht. Das ist die bei weitem größte unter mehreren Baustellen. Nur zwei Tore in den letzten neun Partien, ein einziger Treffer aus fünf Spielen unter Kovac, der den glücklosen Armin Veh als Trainer beerbte - so kann man nicht die Klasse halten. Ohne Torjäger Alexander Meier, den Torschützenkönig der Bundesliga in der vergangenen Saison, ist der Eintracht-Sturm nicht einmal ein laues Lüftchen. Meier, seit zwölf Jahren bei den Frankfurtern, ist Kult, aber eben auch sehr häufig verletzt. Wie schon in der Schlussphase der letzten Spielzeit fehlt der dienstälteste Eintracht-Spieler auch jetzt. Vielleicht, so Trainer Kovac, feiert der 33-Jährige in zwei Wochen sein Comeback, vielleicht aber auch nicht.

Frankfurts Torjäger Meier bejubelt einen Treffer. Foto: dpa-pa
Torgarant Meier (l.) ist verletztBild: picture-alliance/dpa/F.von Erichsen

Kein glückliches Händchen beim Personal

Es spricht eigentlich für sich, wenn sich das Schicksal einer Mannschaft auf einen einzigen Spieler reduzieren lässt. In diesem Fall haben die Verantwortlichen des Vereins versagt. Deren Aufgabe ist es nämlich, den Kader so zusammenzustellen, dass der Ausfall eines Leistungsträgers nicht gleich zum Kollaps des Teams führt. Die Neuzugänge der Eintracht in der Winterpause, noch unter Trainer Veh, zündeten nicht. Diesen Schuh muss sich Sportdirektor Bruno Hübner mit anziehen, und auch der scheidende Vorstandschef Heribert Bruchhagen.

Bei der Wahl ihres Personals bewiesen die beiden zuletzt generell nicht gerade ein glückliches Händchen. Erst erfüllte Trainer Thomas Schaaf die in ihn gesetzten großen Hoffnungen nur leidlich, dann ging es unter Rückkehrer Veh rasant bergab. Hätte die Klubspitze die Notbremse schon früher gezogen, vielleicht hätte ein neuer Trainer mit den richtigen Einkäufen in der Winterpause das Schiff noch auf Kurs bringen können. Niko Kovac trifft wenig Schuld. Er kam spät, versuchte einiges, erreichte sogar bescheidene spielerische Fortschritte. Letztlich aber zeigt sich, dass der teure Kader der Eintracht Bundesliga-Ansprüchen nicht genügt.

Kompletter Neustart

Vereinschef Bruchhagen bleibt dabei, dass er wie angekündigt nach der Saison aufhört. Noch immer hat sich kein Nachfolger für ihn gefunden. Auf dieses sinkende Schiff wagt sich kein Kapitän mehr. Das beweist, dass die Eintracht dringend einen Umbruch braucht, einen kompletten Neustart auf den verantwortlichen Positionen. Dafür könnte ein Abstieg sogar hilfreich sein, weil er alle Beteiligten gezwungenermaßen wieder erdet.

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DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter