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Politik

Das hätte man auch früher hinbekommen

Oliver Neuroth
29. Oktober 2016

Mariano Rajoy heißt der alte und neue Ministerpräsident Spaniens. Die Sozialistische Partei hat den Weg frei gemacht. Dass Spanien wieder eine offizielle Regierung bekommt, ist mehr als überfällig, meint Oliver Neuroth.

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Brüssel EU Gipfeltreffen Premierminister Mariano Rajoy Spanien
Bild: picture-alliance/dpa/Y. Valat

Na endlich: Spanien hat wieder eine Regierung. Durch eine Enthaltung der meisten Abgeordneten der Sozialistischen Partei bei der Abstimmung, konnte Mariano Rajoy (Artikelbild oben) die Wahl gewinnen. Die Sozialisten sehen ein, dass zehn Monate politischer Stillstand zu viel ist, und haben bei der entscheidenden Wiederwahl des Konservativen Rajoy eingelenkt. Eine vernünftige Entscheidung. Doch sie kommt zu spät.

Seit Monaten liegen im Land öffentliche Bauprojekte brach, zum Beispiel der Ausbau von Eisenbahn-Hochgeschwindigkeitsstrecken. Weil die geschäftsführende Regierung kein Geld dafür freigeben kann. Spanien hat immer noch keinen Haushaltsplan fürs nächste Jahr - und die EU-Kommission wartet seit Wochen auf neue Sparvorschläge aus Madrid. Zu diesem Reformstau hätte es nicht kommen müssen, wenn die Sozialisten schon nach der Parlamentswahl im Dezember oder nach der Neuwahl im Juni Rajoy ins Amt verholfen hätten.

Denn eine andere vernünftige Regierungskonstellation gab es nicht. Ein linkes Bündnis war unmöglich geworden, nachdem die radikallinke Bewegung Podemos die Sozialisten heftig angegriffen hatte. Der große Fehler, den die Sozialisten schon im Wahlkampf gemacht hatten, war es, die Unterstützung einer konservativen Regierung kategorisch auszuschließen. Dass es darauf hinauslaufen könnte, hätte sich die Partei schon vorher ausrechnen können: Es war klar, dass es bei dieser Wahl neue Parteien ins Parlament schaffen, die Prozent-Anteile quasi gestreut werden und die Bildung von Mehrheiten schwierig wird.

In den vergangenen Wochen versanken die Sozialisten im Chaos: Hochrangige Politiker gifteten sich öffentlich an - im Streit über die Frage, ob man Rajoy vielleicht doch unterstützen dürfe oder nicht. Das Ganze gipfelte in einer Schlammschlacht und dem Rücktritt des Parteichefs Anfang Oktober. All das hätten die Sozialisten Spanien ersparen sollen - und auch sich selbst.

Denn die Partei liegt am Boden, ist zerstritten wie nie. Käme es jetzt zu einer Neuwahl, würde sie in der Bedeutungslosigkeit versinken, die traditionsreichste Partei Spaniens. Also liegt es auch in ihrem Interesse, dass die Minderheitsregierung der Konservativen möglichst lange hält und nicht allzu bald neu gewählt wird. Was im Idealfall bedeutet, dass die Sozialisten eine konstruktive Opposition sein werden und nicht wieder auf Blockade stellen - so wie die vergangenen Monate.

Die Sozialisten müssen zeigen, dass ihnen das Wohl Spaniens wirklich am Herzen liegt, so wie sie es immer sagen. Mehr Vernunft als Stolz ist angesagt. Die Partei muss akzeptieren, dass der Konservative Rajoy der Wahlsieger beider Abstimmungsrunden war und den Ton angeben darf. So könnte die Partei ihre ungeschickte Haltung der vergangenen Monate und die vertrödelte Zeit ein Stück weit wieder gutmachen.

Oliver Neuroth ist Korrespondent im ARD-Studio in Madrid.

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