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Stillstand beim FC Bayern

24. November 2018

Die Tage Niko Kovacs beim deutschen Rekordmeister FC Bayern sind gezählt, glaubt Stefan Nestler. Er meint aber, dass man es sich zu einfach macht, wenn man die Gründe der Misere nur beim Trainer sucht.

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1. Bundesliga | Bayern München v Fortuna Düsseldorf | (3:3)
Bild: picture-alliance/dpa/S. Hoppe

"Was ich beim ersten Gegentor gesehen habe, kenne ich eigentlich nur aus Slapstick-Filmen", brachte es Uli Hoeneß gewohnt schlagzeilenträchtig auf den Punkt. Der Bayern-Präsident senkte mit dieser Äußerung den Daumen nicht nur über den Aussetzer von Verteidiger Jerome Boateng in besagter Situation. Seine Kritik galt dem gesamten Auftritt der Mannschaft beim blamablen 3:3 gegen Fortuna Düsseldorf nach einer 2:0- und 3:1-Führung. Denn so viel ist klar: Unfreiwillig komisch wie die Darsteller von Slapstick-Filmen dürfen Bayern-Spieler im Hoeneß‘schen Weltbild nicht auftreten. Bei den Verantwortlichen des Klubs nimmt man es da offenkundig weniger genau - wie die Medienschelte bei der legendären "Die Würde des Menschen ist unantastbar"-Pressekonferenz der Bayern-Spitze vor einem Monat eindrucksvoll belegte.

Ein unausgesprochenes "noch"

Ein beliebtes Stilmittel bei Slapstick-Filmen sind Verfolgungsjagden. Und eine solche dürfte Hoeneß mit seinen Worten eingeläutet haben, dass beim bevorstehenden Champions-League-Spiel am Dienstag gegen Benfica Lissabon "unser Trainer sicherlich Niko Kovac sein" werde. Das "noch" blieb unausgesprochen, war aber unüberhörbar. Die Tage Kovacs als Bayern-Trainer sind gezählt, sollte ihm jetzt nicht noch, wie durch ein Wunder, die große Wende gelingen. Vier sieglose Heimspiele in Serie, die bittere Niederlage im Spitzenspiel bei Borussia Dortmund vor zwei Wochen, Tabellenplatz fünf, neun Punkte Rückstand auf den BVB - das ist nach Bayern-Maßstab viel zu wenig. Natürlich trägt Kovac dafür Verantwortung. Aber man macht es sich zu einfach, wenn man ihm alleine die Misere anlastet. 

Strategische Fehler

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler, DW Sport

Bereits bevor Kovac vom DFB-Pokalsieger Eintracht Frankfurt zum Rekordmeister an die Isar wechselte, wurden strategische Fehler gemacht. Der Verein verkaufte Leistungsträger, ohne sie adäquat zu ersetzen. Der dringend nötige Generationswechsel im Kader ließ auf sich warten, man vertraute der verdienten Ü30-Fraktion. Die Folge: Gegner, die auf blitzschnellen, überfallartigen Angriffsfußball setzen, haben es gegen die Bayern in der Regel leicht.

Salihamidzic wirkt blass

Verantwortlich für die Kaderplanung ist Sportdirektor Hasan Salihamidzic. Der Ex-Profi erweckt stets den Eindruck, als stünde in seinem Arbeitsvertrag, dass er brav zu nicken habe, wenn Präsident Hoeneß und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge zu ihren Mia-san-mia Exkursen ansetzen. Viel mehr kam bisher von Salihamidzic nicht. Stillstand ist die Folge - strukturell und sportlich. Dem FC Bayern fehlt jemand vom Kaliber des früheren Sportchefs Matthias Sammer: mit überdurchschnittlichem Fußballsachverstand; einer, der neue Ideen entwickelt und sie auch mal in der Vereinsspitze gegen Widerstand durchsetzen kann. Denn merke: Am lautesten wird bei Slapstick-Filmen gelacht, wenn die Torte im Gesicht des Chefs landet.

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Stefan Nestler Redakteur und Reporter