1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Türkische Spionage in Deutschland geht gar nicht

von der Mark Fabian Kommentarbild App
Fabian von der Mark
28. März 2017

Türkische Geheimdienste und Verbände bespitzeln und schikanieren Bürger, die in Deutschland als unbescholten gelten. Das muss aufhören und Konsequenzen haben, meint Fabian von der Mark.

https://p.dw.com/p/2a7V4
Symbolbild Spionage BND Türkei Deutschland
Bild: picture-alliance/dpa

Wenn alles nach den Vorstellungen des türkischen Präsidenten Erdogans abgelaufen wäre, dann hätte sich Deutschland zuletzt so verhalten: Der BND-Chef hätte eine Liste seines türkischen Amtskollegen entgegengenommen. Und dann wären die deutschen Dienste direkt zur Verfolgung und Bestrafung der 300 türkischen Staatsbürger auf der Liste übergegangen - in enger Kooperation mit den türkischen Auftraggebern natürlich.

Gülen-Anhänger gelten hier nicht als Terroristen

Nur: Der Vorwurf, die Menschen hätten die Bewegung des türkischen Predigers Fethullah Gülen unterstützt, ist in Deutschland nichtig. Die Bewegung Gülens gilt in Deutschland wie in der gesamten Europäischen Union nicht als terroristische Vereinigung. Das mag man als Türke vielleicht bedauern - die deutschen Behörden sind aber nach eingehender Prüfung zu dem Schluss gekommen, dass von Gülens Anhängern keine Gefahr ausgeht.

von der Mark Fabian Kommentarbild App
Fabian von der Mark ist Reporter im Hauptstadtstudio

Das zweite Problem: Die Art, wie der türkische Inlandsgeheimdienst MITan die Informationen gekommen ist, verstößt gegen die Grundrechte der in Deutschland lebenden Menschen - egal welche Staatsbürgerschaft diese besitzen. Türkische Spione, die mit Fotoapparaten hinter Hecken lauern, gehören in zweitklassige Agenten-Filme, aber nicht auf deutsche Straßen.

Deutschland hat nun zum Glück das Gegenteil dessen getan, was Ankara erwartet hat: Es hat die türkischen Bürger gewarnt, im Visier ihres Heimatlandes zu sein. Das ist das Mindeste, was der deutsche Staat spontan tun konnte. Gleichzeitig muss Deutschland aber mit voller Härte gegen den Aufbau eines Spitzelsystems in Deutschland vorgehen, wie es Präsident Erdogan vorschwebt. Und damit sind nicht allein die Aktivitäten des offiziellen türkischen Geheimdienstes MIT gemeint.

Kann Ditib noch ein staatlicher Partner sein?

Wenn der Moscheeverband Ditib missbraucht wird, um im Auftrag der türkischen Religionsbehörde Diyanet Informationen über Gülen-Anhänger zu sammeln, dann ist der Staat gefordert. Sollte sich herausstellen, dass unter dem Ditib-Deckmantel Spionage für Erdogan betrieben wird, dann taugt die Türkisch-Islamische Union nicht mehr als Ansprechpartner für deutsche Behörden, sondern muss aufgelöst werden.

Die Türkei muss verstehen: Wenn ein deutscher Journalist, ohne Gerichtsverfahren festgehalten wird, ist das Unrecht. Wenn die Türkei Bürger bespitzelt, die nach deutschem Recht unschuldig sind, ist das Unrecht. Wenn die Türkei die Auslieferung von angeblichen Terroristen verlangt, ohne Beweise über ihre terroristischen Tätigkeiten vorzulegen, ist das Unrecht. Ein Land, das Mitglied der NATO ist, in die EU will und eine brauchbare Beziehung zu Deutschland erhalten will, sollte nicht spalten, nicht diffamieren und zuallererst: den Rechtsstaat akzeptieren.