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Thailands Militär spielt Demokratie

7. August 2016

Thailand hat das umstrittene Verfassungsreferendum abgehalten. Die Militärs konnten eine Mehrheit für ihre Verfassung gewinnen. Doch diese Abstimmung ist keine echte politische Partizipation, meint Rodion Ebbighausen.

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Thailand: Referendum über die Verfassung (07.08.2016) (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/C. Subprasom

Als 94 Prozent der Stimmen ausgezählt waren, verkündete die thailändische Wahlkommission bereits, dass 61 Prozent der Wahlberechtigten die neue Verfassung Thailands angenommen haben. Dabei handelt es sich zwar noch nicht um das offizielle Endergebnis, aber es ist sehr wahrscheinlich, dass die neue Verfassung angenommen ist. Das Militär hatte sie nach dem Putsch von 2014 von einer handverlesenen Kommission ausarbeiten lassen.

Die neue Verfassung stellt einen ersten Schritt Richtung Normalisierung der politischen Verhältnisse in Thailand dar. Denn zum ersten löst sie die Interimsverfassung ab, unter der das Militär uneingeschränkte Machtbefugnisse hatte. Zum zweiten bereitet sie möglicherweise den Weg für Wahlen im nächsten Jahr.

Scheindemokratie

Doch das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass in Thailand auf absehbare Zeit das Militär das Sagen haben wird. Das Militär wird vorerst alle Mitglieder des Senats bestimmen und damit möglicherweise auch erheblichen Einfluss auf die Wahl des nächsten Regierungschefs haben. Und ein Artikel in der neuen Verfassung implementiert eine Art automatischen Putschmechanismus, der das Militär zurück an die Macht bringt, sollte die Politik aus Sicht der Generäle aus dem Ruder laufen. So kontrolliert das Militär die Politik und nicht die Politik das Militär.

Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die neue Verfassung, soweit wir bisher wissen, in einer formal freien und fairen Wahl vom thailändischen Volk angenommen wurde. Ein Kreuzchen zu setzen und einen Stimmzettel in eine Wahlurne zu werfen, machen aber noch keine Demokratie. Sie braucht mindestens auch Volkssouveränität, Gleichheit aller, Rechtsstaatlichkeit und Partizipationsrechte.

DW-Redakteur Rodion Ebbighausen (Foto: DW)
DW-Redakteur Rodion EbbighausenBild: DW

Kein politischer Dialog

Partizipation, also Teilhabe der Bürger am politischen Geschehen, ist allerdings ohne politischen Dialog unmöglich. Im Vorfeld des Referendums hatte das Militär jede politische Auseinandersetzung, jede Kampagne für oder gegen das Referendum verboten. Auch die Versammlungsfreiheit war seit dem Putsch massiv eingeschränkt. Das zeigt, wie sehr das thailändische Militär den Bürgern und insbesondere der politischen Klasse im Land misstraut. Nicht ohne Grund. Denn in der Vergangenheit haben sich die Politiker vor allem durch die Unfähigkeit zu Kompromissen, durch Populismus und Klientelismus hervorgetan.

Es wäre besser gewesen, wenn die neue Verfassung nicht vom Militär diktiert, sondern im politischen Dialog von einer verfassungsgebenden Versammlung, die alle gesellschaftlichen Schichten und Gruppen sowie alle politischen Lager umfasst, ausgearbeitet worden wäre. Das hätte sicher Zeit gebraucht. Aber früher oder später wird Thailand diese Auseinandersetzung führen müssen - zumindest, wenn Demokratie das Ziel sein soll.

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Rodion Ebbinghausen DW Mitarbeiterfoto
Rodion Ebbighausen Redakteur der Programs for Asia