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Touristen haben hinter dem Mond nichts verloren

28. Februar 2017

SpaceX-Chef Elon Musk will 2018 zwei Weltraumtouristen bis hinter den Mond befördern. So etwas ist unethisch - nicht zuletzt aus Gründen des Umweltschutzes, meint Fabian Schmidt.

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Mondrückseite
Die Rückseite des Mondes ist für normale Erdenbewohner unsichtbar - für Touristen bald ein Ziel? Bild: NASA/GSFC/Arizona State University

Es wäre nicht das erste Mal, dass reiche Menschen sich einen Flug ins All gönnen. Der erste Weltraumtourist war der Unternehmer Dennis Tito gewesen. Der ließ sich 2001 zur Internationalen Raumstation ISS fliegen. Ihm sind seitdem sechs weitere Touristen nachgefolgt.

Gemeinsam war allen Flügen, dass sie von der US-Firma Space Adventures Ltd. vermittelt und durch die russische Raumfahrtagentur Roskosmos abgewickelt wurden. Alle hatten die ISS zum Ziel.

Stets wurde die Beförderung der Touristen damit begründet, dass sie die Raumfahrt durch ihren Beitrag einerseits erheblich finanziell unterstützen, andererseits aber auch auf dem Flug Forschung betreiben und Aufgaben wahrnehmen, wie andere Astronauten und Kosmonauten auch. In der Tat waren alle bisherigen Weltraumtouristen selbst Wissenschaftler oder Ingenieure und hatten insofern also eine gewisse Weltraum-Eignung.

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DW-Wissenschaftsredakteur Fabian Schmidt

Spaß könnt Ihr auch auf der Erde haben!

Aber das reicht als Begründung für die Zukunft nicht mehr aus. In Kürze stehen die Zeichen offenbar auf "reinen" Weltraum-Tourismus. Das heißt der wissenschaftliche Anspruch wird zum Feigenblatt.

Sind Spassreisen in den Weltraum zum reinen Zeitvertreib da eigentlich noch Utopie? Wohin führt es, wenn Privatanbieter Orbitalreisen offerieren, wie andere eine Wüstensafari? Die bisher vernommenen Rechtfertigungen und Entschuldigungen über Sinn und Zweck des Weltraumtourismus passen längst nicht mehr. Sie sind Augenwischerei.

Raumfahrt dient allen, aber nicht alle sollen raumfahren

Raumfahrt ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und soll der gesamten Menschheit dienen. Ihr ureigenster Zweck ist der wissenschaftliche Erkenntnisgewinn und die Förderung des Wohlergehens der Menschen. Nur deshalb stellen die wichtigsten Industriestaaten enorme Ressourcen dafür zur Verfügung: Finanziell und ökologisch.

Der Forschung geht es dabei um medizinische, kommunikationstechnische Fragen. Auch Materialforschung und Erdbeobachtung stehen im Fokus. Letzteres dient der Wetter- und Klimabeobachtung, hilft der Landwirtschaft und nicht zuletzt dem Umweltschutz. Die Ergebnisse dieser Forschung kommen Milliarden Menschen zu gute.

Und auch nur so lässt es sich begründen, dass beim Start einer großen Trägerrakete innerhalb weniger Minuten tausende Tonnen Kohlenstoffdioxid (CO2) in die Atmosphäre geblasen werden.

Biotreibstoff für Raketen ist ein Mythos: Raumschiffe, die Kapseln in einen echten Erdorbit befördern können, werden vorwiegend mit Kerosin oder mit Festbrennstoffen auf Basis fossiler Rohstoffe betrieben. Und selbst wenn Raketen mit Wasserstoff angetrieben würden, heißt das noch lange nicht, dass der auch umweltfreundlich hergestellt wurde.

Ressourcen schonen für künftige Generationen

Allein ein Weltraumtourist mit seinem Körpergewicht kostet uns mindestens 30 Tonnen CO2, wenn er in den Orbit will. Das entspricht dem 15-fachen dessen, was wir uns pro Erdenbewohner in einem Jahr leisten können, wenn wir den Aussagen der Klimawandelforscher glauben schenken wollen. Noch nicht eingerechnet ist sein Gepäck, von der eigentlichen Rakete gar nicht zu sprechen. Geht die Reise dann auch noch zum Mond, wird der ökologische Fußabdruck um einiges riesiger.

Selbst das Finanzargument hält nicht stand: Auch wenn ein Weltraumtourist eine dreistellige Millionensumme für seinen Flug investiert, kann das niemals dem gerecht werden, was die Gesellschaften dieser Welt längst vorab in die Forschung und Entwicklung der bemannten Raumfahrt gesteckt haben.

Raumfahrt soll nicht das zerstören, was uns lieb und teuer ist

Wenn der Weltraum-Tourismus erst Schule macht, zerstören wir mit der Spaß-Raumfahrt mehr, als wir durch alle ehrlichen Forschungsbemühungen im All reparieren können. Dann helfen auch alle Beteuerungen von Astronauten nichts, die uns immer wieder versichern, dass der Blick auf die Erde der stärkste Eindruck war, den sie aus dem All mitgenommen haben: Zu sehen wie dünn und fragil unsere Atmosphäre ist.

Deshalb ist es Zeit, die Notbremse zu ziehen: Die bemannte Raumfahrt muss Domäne echter Wissenschaftler bleiben: Wer mitfliegt, darf nicht über die Geldbörse entschieden werden. Ausschließlich die Qualifikation muss zählen. Es kann nicht sein, dass wir unsere gemeinsamen Ressourcen verheizen, damit einige, die nicht wissen wohin mit ihrem Geld, ihr Ego aufpolieren können.

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Fabian Schmidt Wissenschaftsredakteur mit Blick auf Technik und Erfindungen