1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Trump könnte erneut gewinnen

Kommentatorenfoto Nancy Isenson
Nancy Isenson
19. Juni 2019

Donald Trump hat angekündigt, sich 2020 zur Wiederwahl als US-Präsident zu stellen - und es wäre naiv zu glauben, dass er vorher aus dem Amt fliegt, meint Nancy Isenson.

https://p.dw.com/p/3KgRP
Trump startet offiziell US-Wahlkampf für 2020
Bild: Getty Images/AFP/M. Ngan

Viele Leute dachten, Donald Trump säße jetzt schon nicht mehr im Weißen Haus. Aber da sitzt er noch immer - und hat nun angekündigt, er sei entschlossen, zum zweiten Mal Präsident der Vereinigten Staaten zu werden.

Als er 2016 sein Amt antrat, dachten hoffnungsvolle Menschen, es sei nur eine Frage der Zeit, bis er aufgeben würde. Denn Präsident zu sein, ist schwieriger als alles, was er zuvor in seinem verwöhnten Leben getan hatte. Bestimmt würde er lieber Fox News schauen, Prominente auf Twitter beleidigen und seine Tage damit verbringen, kleine weiße Bälle im Boden zu versenken. 

Die Wirtschaft schadet ihm nicht

Als er nicht aufgab, dachten die hoffnungsvollen Menschen, er würde aus dem Amt entlassen werden. Doch Trump wurde wegen keiner Verbrechen oder Vergehen vor Gericht gestellt. Ob er versucht hat, die Untersuchung seiner Kampagne zu behindern oder Russland ermutigte, den Server seines Gegners zu hacken oder nicht, spielt deswegen nun keine Rolle mehr. Eine Entlassung aufgrund eines sogenannten Impeachments (ähnlich einem Misstrauensantrag) wäre die Aufgabe des Senats gewesen. Doch der wird von Republikanern kontrolliert, die kein Interesse daran haben, den Führer ihrer eigenen Partei anzugreifen.

Als Trump nicht entlassen wurde, dachten hoffnungsvolle Leute, dass die Wirtschaft den Job erledigen würde. Seit dem Beginn von Trumps Amtszeit prognostizieren Ökonomen, dass die US-amerikanische Wirtschaft auf der Nase landen wird. Erst waren es seine Steuersenkungen, die das Fass zum Überlaufen bringen sollten, dann seine aggressive Zollpolitik, dann seine hohen Ausgaben, die die Staatsverschuldung bisher um zwei Billionen Dollar erhöht haben. Vielleicht werden die Ökonomen auf lange Sicht Recht behalten. Aber im Moment ist die Wirtschaft stark und die Arbeitslosigkeit liegt bei 3,6 Prozent, dem tiefsten Stand seit fast 50 Jahren. 

Kommentatorenfoto Nancy Isenson
DW-Redakteurin Nancy IsensonBild: DW

Über die Wirtschaft hinaus hat Trump den eingebauten Vorteil, dass Präsidenten fast immer wiedergewählt werden. Nur vier, die erneut antraten, wurden im vergangenen Jahrhundert von den Wählern abgelehnt.

Und obwohl einige US-Amerikaner über Trumps katzbuckelndes Auftreten vor Wladimir Putin oder über seine Verteidigung von Rassisten bestürzt sind, während andere ihn anfeuern, sind in der Realität viele einfach zu beschäftigt mit ihrem Leben, um der Politik überhaupt viel Aufmerksamkeit zu schenken. Der Präsident wird wohl nicht von der alleinerziehenden Mutter in Milwaukee zur Rechenschaft gezogen werden, weil sie zu beschäftigt ist mit den zwei Jobs, die sie braucht, um ihre Kinder mit einem Dach über dem Kopf und etwas zu essen auf dem Tisch zu versorgen.

Keine Bildung - keine Ahnung?

Wir Amerikaner werden dazu erzogen, zu glauben, dass unser Land das beste der Welt ist. Viele von uns reisen nie ins Ausland, um herauszufinden, ob das stimmt - nur 42 Prozent der US-Bürger haben überhaupt einen Pass.

Wir haben auch nicht unbedingt die Fähigkeit, die Behauptung in Frage zu stellen, dass kein Ort besser sei als die Vereinigten Staaten. Über Jahre haben Republikaner in verantwortlichen politischen Posten die öffentliche Bildung klein gehalten und sie als kostspieligen und verschwenderischen Haushaltsposten gesehen, der gekürzt werden muss - und nicht als eine Investition in unsere Zukunft. In internationalen Vergleichen hängen US-amerikanische Schüler in den Bereichen Lesen, Naturwissenschaften und Mathematik hinterher.

In den heutigen Vereinigten Staaten, die stark in eingemauerte Lager gespalten sind, erfordert die Suche nach einfachen, unvoreingenommenen Informationen sowohl Entschlossenheit als auch Zeit. Selbst wenn die Mutter aus Milwaukee als Wählerin registriert ist - wer weiß, ob sie Fake News von Tatsachen trennen kann oder sich bewusst ist, dass sie es zumindest versuchen sollte, bevor sie ihre Stimme abgibt?

Vertrauen Sie keiner Umfrage

Es wäre leichtsinnig anzunehmen, dass Trump nicht wiedergewählt wird. Lassen Sie sich nicht von Umfragen täuschen, nach denen nur 44 Prozent der Befragten Trump attestieren, als Präsident einen guten Job zu machen. Umfragen sind bekanntlich unzuverlässig und können uns nicht viel darüber sagen, was in den mehr als 500 Tagen bis zur Präsidentschaftswahl 2020 passieren wird.

Im vergangenen November hatten die Umfragen aber recht: Die Zwischenwahlen brachten das Repräsentantenhaus wieder unter demokratische Kontrolle und überraschten Skeptiker wie mich, die es zu schätzen wissen, wenn der Niedergang der USA etwas langsamer verläuft. 

Die hoffnungsvollen Menschen müssen noch nicht anfangen zu verzweifeln.