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Politik

Trumps düstere Rede

Michael Knigge Kommentarbild App *PROVISORISCH*
Michael Knigge
31. Januar 2018

Die wichtigsten Textpassagen der Rede des US-Präsidenten erinnern an dunkle Zeiten und Töne aus dem Wahlkampf. Wer auf einen von nun an gemäßigten Trump hoffte, hat sich getäuscht, meint DW-Korrespondent Michael Knigge.

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USA Donald Trump Rede zur Lage der Nation
Bild: Reuters/L. Millis

In seiner ersten Rede zur Lage der Nation hat Donald Trump niemanden namentlich diskreditiert. Weder attackierte er Hillary Clinton, noch die Medien - sonst zwei seiner Lieblingsangriffsziele. Und er betonte nicht die Meinungsverschiedenheiten zwischen Republikanern und Demokraten, sondern legte sogar ein Lippenbekenntnis zur überparteilichen Zusammenarbeit ab, um "den Menschen, die uns gewählt haben, zu dienen". So viel zum Positiven.

Der Anfang und teilweise auch das Ende von Trumps Rede zur Lage der Nation - übrigens eine der längsten überhaupt - konzentrierten sich auf Wirtschaft und Nationalstolz, man könnte sie durchaus als optimistisch bezeichnen. Dazwischen jedoch waren Trumps Äußerungen dunkel und bedrohlich.

Die Passagen, in denen es um die Einwanderung ging, zeichneten ein Bild Amerikas, das sowohl Opfer von legaler als auch von illegaler Einwanderung ist. Trumps Darstellung von Einwanderern als Unruhestiftern, die dem amerikanischen Volk schadeten, erreichte ihren Tiefpunkt, als er  - wie im Wahlkampf - gezielt Eltern ansprach, deren Kinder von Gangmitgliedern, die illegale Einwanderer seien, umgebracht würden.

Fokus auf Einwanderung

Interessanterweise war der Teil, in dem es um Einwanderer ging, der detailreichste in Trumps Rede, ansonsten mangelte es an genauen Angaben. Trump wiederholte das, was seiner Meinung nach die vier Grundpfeiler einer Einwanderungsreform sein sollen: die Möglichkeit für die sogenannten Dreamer, die US-Staatsbürgerschaft zu erhalten, eine Mauer an der Grenze zu Mexiko zu bauen, das Ende des Diversity-Immigrant-Visa-Programms sowie deutlich weniger Familienzusammenführungen. Laut Trumps Ausführungen können Migranten aktuell so viele weit entfernte Verwandte in die USA bringen, wie sie wollen. Was objektiv falsch ist. Einwanderer mit einer US-Staatsbürgerschaft oder einer Green Card können lediglich nahe Verwandte nachziehen lassen.

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DW-USA-Korrespondent Michael Knigge

Beunruhigenderweise brachte Trump nicht nur illegale Einwanderung und Gang-Kriminalität miteinander in Verbindung. Sondern er stellte auch einen Zusammenhang her zwischen den zwei Hauptmöglichkeiten, legal in die USA einzuwandern - dem Diversity-Immigrant-Visa-Programm und dem Familiennachzug - und dem Thema Terrorismus. Trump selbst nannte sein Vorhaben, "Dreamern" die Einbürgerung zu ermöglichen, aber gleichzeitig die legale Einwanderung drastisch zu reduzieren, einen "Kompromiss". Doch sein Bild eines durch Einwanderer bedrohten Amerikas dürfte in Wahrheit wenig Platz für Kompromisse mit den Demokraten lassen.

Trumps Fokussierung darauf, die Amerikaner müssten vor der vermeintlichen Bedrohung durch Migranten geschützt werden, sowie seine Darstellung, die USA und vor allem die amerikanischen Arbeiter nähmen Schaden durch die unfairen wirtschaftlichen Praktiken anderer Nationen, sagen einiges. Schon im Wahlkampf nutzte Trump erfolgreich diese Taktik, um die Menschen aufzustacheln.

Land der Migranten?

Ebenfalls bezeichnend ist, was Trump in seiner Rede zur Lage der Nation eben nicht an die große Glocke hängte. So kam Russland - dessen mutmaßliche Einmischung in die US-Wahlen auf der Seite von Trump Gegenstand verschiedener hochkarätiger Untersuchungen ist - im Diskurs des US-Präsidenten nur einmal vor, China dreimal. Von der globalen Demokratie sprach Trump kein einziges Mal.

Während Trumps erste Rede zur Lage der Nation bei seiner Wählerschaft sowie einem großen Teil der Republikaner wohl gut angekommen ist, muss jeder, der Amerika als eine Nation aus Migranten begreift und an das Staatsmotto "E Pluribus Unum", übersetzt "Aus vielen eines", glaubt, über den Ton der Rede besorgt sein.

Trotz allem hat die Ansprache Trumps zumindest ein Gutes: Es ist nun ein für alle Mal klar, dass es keinen Neuanfang in Trumps Präsidentschaft geben wird. 

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