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Politik

Trumps mieser Trick

Michael Knigge Kommentarbild App *PROVISORISCH*
Michael Knigge
15. Februar 2019

US-Präsident Donald Trump hat den Nationalen Notstand erklärt, um die Mauer an der Grenze zu Mexiko zu finanzieren - und seine Anhänger zufriedenzustellen. Das ist ein Weckruf für den Gesetzgeber, meint Michael Knigge.

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USA Präsident Donald Trump
Bild: Reuters/J. Young

Fangen wir mit der guten Nachricht an: Es wird wenigstens keine weitere Haushaltssperre geben.

Die schlechte Nachricht? US-Präsident Donald Trump hat nicht nur den Haushaltskompromiss unterzeichnet, auf den der Kongress sich geeinigt hatte, sondern auch den Nationalen Notstand ausgerufen, um sein Wahlversprechen zu erfüllen, eine "große, schöne Mauer" an der Grenze zu Mexiko zu bauen.

Es ist verlockend, angesichts dieses Taschenspielertricks, mit dem Trump an das Geld für seine fragwürdige Mauer kommen will, das Abwehren eines neuen Shutdowns achtlos zu übergehen. Das sollten wir aber nicht. Jeder, der die bedrohlichen Folgen für Millionen Amerikaner gesehen hat, wird dankbar sein, das wenigstens das Gespenst einer weiteren Haushaltssperre vertrieben ist.

Aber Trump wäre nicht Trump, wenn er nicht ein neues Spektakel vom Zaun brechen würde. Trotz der vorangegangenen, vom ihm erzwungenen Haushaltssperre hat er - der selbsternannte weltbeste Unterhändler - es nicht geschafft, mit dem gespaltenen Kongress einen Deal auszuhandeln, der Geld für seine Mauer bereitstellt. Nicht zu vergessen: ursprünglich hatte er sogar versprochen, dass Mexiko das Bauwerk zahlen werde. Das Unterzeichnen des Etats und die Erklärung des Nationalen Notstandes machen es offiziell: US-amerikanische Steuerzahler, nicht Mexiko, werden Trumps Mauer bezahlen.

Die Krise an der Grenze löst der Notstand nicht

Um das zu verschleiern, hat Trump seinen üblichen Kniff angewandt: Er prahlt, eine Krise gelöst zu haben, ohne zu erwähnen, dass er sie selber geschaffen hat. Klar, die Situation an der mexikanischen Grenze ist schwierig. Aber wir reden von einer humanitären Krise, nicht von einem Nationalen Notstand, wie Repräsentantenhaus-Sprecherin Nancy Pelosi richtig feststellt. Mehr noch: Der zeitraubende Bau einer Mauer wird den angeblichen Notstand an der Grenze nicht beseitigen.

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Michael Knigge, DW-Korrespondent in Washington

Die Situation ernsthaft zu verbessern, war aber auch nie das Ziel. Darum ist der Nationale Notstand nur eine List. Trumps wirkliches Ziel ist, seinen Anhängern gegenüber als Macher dazustehen: Indem er den angeblich schwachen Kongress umgeht, präsentiert er sich als entschiedener Führer, der - wenn es hart auf hart kommt - die Exekutive missachtet und das durchsetzt, was er als nationales Interesse missversteht.

Die meisten US-Amerikaner halten wenig von einem Nationalen Notstand. Aber viele glühende Trump-Anhänger unterstützen ihn - und viele Republikaner im Kongress, die einmal mehr umgefallen sind, nachdem sie zunächst Widerstand geleistet haben.

Die Rechtmäßigkeit von Trumps Manöver sollte und wird vor Gericht überprüft werden - nicht nur auf Betreiben von Bürgerrechtsgruppen, sondern auch von vielen Grundbesitzern, die für den Bau einer Mauer enteignet werden könnten.

Dutzende Nationaler Notstände in Kraft

Allerdings: Diese Erklärung des Nationalen Notstandes ist zwar besonders unverschämt, weil sie der längsten Haushaltssperre der US-amerikanischen Geschichte und Trumps unverblümter Erpressung des Kongresses folgt. Aber die Maßnahme als solche ist durchaus üblich. In den USA sind derzeit 31 Nationale Notstände in Kraft - dabei geht es beispielsweise um das Unterbinden von Terrorfinanzierung oder Sanktionen gegen Syrien und Nordkorea.

Trump nutzt hier Lücken im politischen System auf eine Weise, mit der niemand gerechnet hat. So war es schon bei seiner aberwitzigen Behauptung, Metallimporte aus Ländern der europäischen Verbündeten und Kanada seien eine Bedrohung der nationalen Sicherheit, so dass er Zölle auf Einfuhren der Konkurrenten verhängen konnte.

Spiel mit dem Feuer

Oppositionsführerin Nancy Pelosi hat Trump gewarnt, dass demokratische Präsidenten den Notstand künftig für umstrittene Themen wie Waffengewalt ausrufen könnten. Der Impuls ist verständlich. Aber die Demokraten sollten ihm nicht nachgeben.

Statt mit dem Feuer zu spielen und potenziell verantwortungslosen Präsidenten - egal welcher Partei - breite Möglichkeiten einzuräumen, Nationale Notstände auszurufen und den Willen der Volksvertreter zu umgehen, sollte der Kongress den Präsidenten diese Möglichkeit nehmen oder sie zumindest wesentlich einschränken.

Statt sich regelmäßig zu beschweren, dass der Präsident der jeweils anderen Partei zu weit geht, sollten die gesetzgebenden Abgeordneten beider Seiten endlich die Gelegenheit ergreifen, um Trump zu zügeln und ihn - und zukünftige Präsidenten - davon abzuhalten, jemals wieder solche "Notstände" zu missbrauchen.