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Politik

Trump: Kein verlässlicher Verbündeter

Porträt eines Mannes mit blauem Sakko und roter Krawatte
Bernd Riegert
6. Juni 2020

Der angekündigte Truppenabzug aus Deutschland ergibt militärisch keinen Sinn, aber das interessiert den egozentrischen US-Präsidenten Trump nicht. Mehr Initiative aus Europa ist gefragt, meint Bernd Riegert.

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US-Präsident Trump besucht Afghanistan und zeigt auf US-Soldaten
Ene, mene, muh und raus bist du: US-Präsident Trump auf TruppenbesuchBild: picture-alliance/dpa/AP/A. Brandon

Die Drohung stand schon lange im Raum, jetzt scheint der US-Präsident ernst machen zu wollen. Donald Trump will sich offenbar dafür rächen, dass aus seiner Sicht Deutschland nicht genug Mittel für seinen Verteidigungshaushalt aufwendet. Dieser Schritt des launischen Präsidenten ist in mehrfacher Hinsicht falsch.

Der Abzug von 9500 US-Soldaten aus Deutschland ergibt militärisch keinen Sinn. Er folgt auch keiner erkennbaren Strategie. Die US-amerikanischen Truppen arbeiten im Wesentlichen im NATO-Rahmen für das Europa- und Afrikakommando der US-Armee. Sie betreiben den großen Luftwaffenstützpunkt Ramstein, ein Militärkrankenhaus und einen Truppenübungsplatz. Sie sind wichtige Säulen der NATO-Architektur, aber zur Landesverteidigung Deutschlands im engeren Sinne tragen sie nicht viel bei.

Wenn jetzt ein Teil der Soldaten nach Polen verlegt wird und der andere Teil zurück in die USA, schwächt der erratische Oberkommandierende Trump die Fähigkeiten seiner eigenen Armee und der nordatlantischen Allianz. Es handelt sich also um eine rein politische Entscheidung, um Druck auf den Verbündeten Deutschland auszuüben.

Der Kreml darf sich freuen, die Verbündeten eher nicht

In einem Bündnis sollte man eigentlich vertrauensvoll zusammenarbeiten und nicht Erpressung oder überfallartige Aktionen einsetzen. Trump hielt es nicht einmal für nötig, die Bundesregierung gemäß der Stationierungsvereinbarung für die Truppen offiziell zu informieren.

Riegert Bernd Kommentarbild App
Europa-Korrespondent Bernd Riegert

Es stimmt: Deutschland wird das in der NATO bereits 2014 vereinbarte Ziel, bis 2024 zwei Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben, nicht erreichen. Das können die USA und die anderen Verbündeten natürlich kritisieren, aber mit dem Truppenabzug bzw. der Verlegung schwächen sie sich nur selbst.

Der russische Präsident wird sich freuen, dass die NATO-Führungsmacht Zwietracht im eigenen Bündnis stiftet. Einen besseren US-Präsidenten als den militärstrategisch unfähigen Trump könnte sich Wladimir Putin gar nicht wünschen. Putin wird alles tun, um fröhlich einen Keil in die NATO zu treiben.

Der Jubel aus Polen ist verfrüht. Die Verlegung der Truppen in Richtung Osten sieht Warschau als Belohnung der nationalkonservativen Regierung für ihre Treue zu Trump. Sie bringt aber Verdruss in den europäischen Teil der NATO und hat militärisch, wie gesagt, wenig Relevanz, denn es kommen ja keine ausgesprochenen Kampfverbände, sondern - wenn überhaupt - Militärstäbe. Die dauerhafte Verlegung dürfte auch gegen die NATO-Russland-Akte verstoßen und somit neuen Ärger mit dem Kreml provozieren.

Die Aktion des US-Präsidenten, der zuhause unter massivem Druck steht, kann man auch als Teil des Wahlkampfs verbuchen. Donald Trump hatte vor vier Jahren versprochen, "Millionen an Dollar aus der NATO" in die USA zurückzuholen. Das konnte natürlich nicht funktionieren, weil in der NATO jeder für seine eigenen Truppen zahlt. Für die Stationierung von US-Truppen in Europa oder anderswo werden keine Gebühren fällig, die man zurückfordern könnte. Dennoch will Trump den schlecht informierten Anhängern wohl abermals weismachen, dass er die Verbündeten nach seiner Pfeife tanzen lassen kann.

Die Episode zeigt erneut, dass sich die europäischen Verbündeten auf den Oberbefehlshaber im Weißen Haus kaum mehr verlassen können. Das ist ein Weckruf für die Europäer, mehr für die eigene Verteidigung zu tun und tatsächlich mehr Geld dafür in die Hand zu nehmen.

Porträt eines Mannes mit blauem Sakko und roter Krawatte
Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union