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Was wird bloß aus der Deutschen Bank?

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Henrik Böhme
4. Januar 2019

Im nächsten Jahr wird die Deutsche Bank 150 Jahre alt. Auch wenn es derzeit einigermaßen ruhig um das Geldhaus geworden ist: Sie ist in einem beklagenswerten Zustand. Und Besserung ist nicht in Sicht, meint Henrik Böhme.

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Deutschland Gesprengter Geldautomat
Bild: picture-alliance/dpa/A. Dedert

Es ist ein Bild des Jammers! Dreißig Unternehmen sind im Deutschen Aktienindex gelistet. Keine Dax-Aktie ist derzeit billiger als die der Deutschen Bank. Mit Ach und Krach halten sich die Papiere über der Marke von sieben Euro. Sieben Euro! Noch nie war es so billig, Aktien von Deutschlands Geldhaus Nummer Eins zu kaufen. Was für ein Desaster. Der Börsenwert liegt bei nur noch 14 Milliarden Euro, eine geradezu lächerliche Marktkapitalisierung. Zum Vergleich: Der Börsenwert der größten US-Bank JP Morgan Chase liegt bei 296 Milliarden Euro. Im Grunde ist die Bank ein Übernahmekandidat, die sich andere aus der Portokasse leisten könnten.

Aber niemand will die Deutsche Bank haben. Erst an diesem Donnerstag kam, wenn auch durch die Blume, die nächste Absage. Axel Weber, einst Chef der Bundesbank und heute Chef des Verwaltungsrates der schweizerischen UBS, sagte dem Züricher "Tages-Anzeiger" auf die Frage nach einer möglichen Fusion mit der Deutschen Bank: "Das sind alles nur Planspiele." Zwar werde viel über Fusionen geredet, doch es passiere nichts. Natürlich müsse sich jede Firma Gedanken machen. Aber die UBS wolle aus eigener Kraft wachsen.       

Wo soll der Gewinn herkommen?

Wenn man allein das vergangene Jahr Revue passieren lässt, wird klar, warum die Schweizer derzeit lieber nicht mit der Deutschen Bank in Verbindung gebracht werden wollen. Tiefrote Zahlen, ein überraschender Chefwechsel, Durchhalteparolen, Kahlschlag beim Personal (zumindest angekündigt), die Aktie im Sturzflug, die Polizei im Haus: Schön ist anders. Da mag sich der neue, seit April amtierende Chef Christian Sewing noch so mühen: Seither hat die Aktie ein weiteres Drittel an Wert verloren. Denn die Frage aller Fragen bleibt nach wie vor unbeantwortet: Wie um alles in der Welt will die Bank künftig Geld verdienen?

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Henrik Böhme, DW-Wirtschaftsredaktion

In Zeiten niedriger Zinsen - oder sogar Negativzinsen - praktisch unvorstellbar. Die Deutsche Bank hat 270 Milliarden Euro in den Tresoren; für einen Teil davon muss sie Zinsen an die Europäische Zentralbank zahlen. Das will die EZB so, um die Banken zu zwingen, Geld nicht zu horten, sondern es in Form von Krediten auszuleihen, um die Wirtschaft am Laufen zu halten. Gäbe es den Negativzins nicht, würde der Gewinn der Deutschen Bank "um einen Milliardenbeitrag steigen", so hat es Paul Achleitner, der Aufsichtsratschef der Bank, gerade in einem Interview mit der 'Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung' vorgerechnet. Und weiter: Weil die Zinsen in den USA mittlerweile wieder höher sind, verdienten die dortigen Banken allein für ihre Einlagen bei der US-Notenbank Fed im nächsten Jahr einen Zinsüberschuss von 43 Milliarden Dollar. Die Banken in der Eurozone müssten sieben Milliarden Euro Strafzinsen für das bei der EZB hinterlegte Geld bezahlen. 

Das Elend mit den Zinsen

Ändern können das nur Mario Draghi und die Seinen im EZB-Rat. Aber da, so kann man sicher sein, wird sich auf absehbare Zeit nichts ändern, auch wenn Draghi im Herbst seinen Posten räumen wird. So bleibt unklar, ob die Deutsche Bank, wie versprochen, in diesem Jahr wenigstens wieder einen Gewinn ausweisen kann, so klein er auch sein mag. Die Hoffnung auf eine Dividende haben sich die Anleger längst abgeschminkt. Die Bank versucht, an der Kostenschraube zu drehen, "bis es quietscht", wie die Agentur Reuters hinter vorgehaltener Hand von einem Deutschbanker erfuhr. Aber klar: Wer früher Business fliegen durfte und jetzt nur noch in Videokonferenzen sitzt, bekommt eher schlechte Laune. Auch Kleinigkeiten wie der Verzicht auf frisches Obst in Besprechungsräumen dürften auch dem Letzten klarmachen, wie es um die Bank bestellt ist.

Ja, es gab auch ein paar gute Nachrichten. Da ist der Einstieg eines US-Hedgefonds, der sich drei Prozent der Anteile sicherte. Es gibt zudem Spekulationen, dass das Emirat Katar seine Anteile aufstocken könnte, was in beiden Fällen dem sehr günstigen Preis geschuldet sein dürfte. Zudem scheint die Integration der Postbank, der  größten Privatkundenbank des Landes, voranzukommen. Wobei: Auch hier ist Vorsicht geboten, schließlich waren beide schon mal unterwegs, sich zu verbandeln, was am Ende krachend scheiterte. So oder so: Tausende Jobs werden auf jeden Fall erstmal gestrichen. 

Ihren 150. Geburtstag begeht die einst so stolze Deutsche Bank am 10. März 2020. Man wird dann auf die glorreichen Zeiten verweisen, auf die glanzvolle Vergangenheit, als man die deutsche Wirtschaft auf dem Weg in die große weite Welt begleitete, als man mitzuspielen versuchte mit den Großen der Bankenbranche (was phasenweise gelang und doch eine der Ursachen ist für die heutige desaströse Lage). Die ganz große Frage wird sein: In welchem Zustand wird sich die Bank in ihrem 150. Jahr befinden? Zerfleddert und am Boden zerstört oder doch zumindest optimistisch in die Zukunft schauend? Das Jahr 2019 wird für die Beantwortung dieser Frage ein ganz entscheidendes sein.

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Henrik Böhme Wirtschaftsredakteur mit Blick auf Welthandel, Auto- und Finanzbranche@Henrik58