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Wer soll für die SPD verlieren?

Jens Thurau6. April 2015

Um Gottes Willen - wer tritt 2017 an gegen Angela Merkel? Eigentlich will sich die SPD damit noch gar nicht beschäftigen. Und gerade deswegen gibt es die wildesten Spekulationen, meint Jens Thurau.

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Wahlplakate 2009 von SPD und CDU (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Man kann dem SPD-Chef und Vizekanzler wenig vorwerfen: Sigmar Gabriel ist präsent wie immer. Interviews hier und da. Hebt die Erfolge der SPD in der Großen Koalition hervor: den Mindestlohn, die Frauenquote. Reist nach Saudi-Arabien und mahnt dort die Einhaltung der Menschenrechte an. Kürzlich gab die Pressestelle des Willy-Brandt-Hauses Mitteilung Nummer 65 für dieses Jahr heraus: "Gabriel besucht Ausbildungsstätte für Alleinerziehende in Berlin". Soll ihm keiner vorwerfen, er kümmere sich nicht um die klassische SPD-Klientel.

Die Deutschen mögen Angela Merkel

Nur - was bringt das alles? Die SPD steht in den jüngsten Umfragen da, wo sie gefühlt seit Jahren steht: bei rund 24 Prozent. Die CDU mit Angela Merkel an der Spitze ist weit entfernt, 41 Prozent zuletzt (gemeinsam mit der bayerischen Schwesterpartei CSU). Die Deutschen mögen die Kanzlerin, sie steht auch auf den Listen der beliebtesten Politiker ganz oben. Dem Land geht es im Großen und Ganzen wunderbar. Kann alles so weitergehen. Kein Ende der Ära Merkel in Sicht.

Deshalb ergibt die jüngste Umfrage, wer denn in zweieinhalb Jahren bei der nächsten Bundestagswahl antreten soll, ein Bild, dass die SPD in Depressionen treibt: 61 Prozent der Befragten wollen, dass die jetzt schon ewige Kanzlerin weitermacht. Und wer hat bei der SPD die besten Chancen auf den Sieg? Erster Platz: Frank-Walter Steinmeier, Außenminister, der aber schon mal krachend gegen Merkel verloren hat: 36 Prozent glauben an ihn. Und Gabriel: 25 Prozent der Befragten trauen ihm den Sieg zu. Dem Chef der Partei. Ernüchternd für die große alte SPD.

Jens Thurau (Foto: DW)
Jens Thurau, Korrespondent im DW-HauptstadtstudioBild: DW/D. Engels

Und deshalb guckt Gabriel nicht so richtig entspannt, als er jüngst im Kreis von Journalisten gefragt wird, ob die SPD denn überhaupt einen eigenen Kandidaten aufstellt 2017. Wäre es nicht besser, so die pfiffige Journalistenfrage, die SPD würde sich gleich nur als Juniorpartner an der Seite der Union bewerben? Selten so gelacht, verrät der Gesichtsausdruck Gabriels.

Einer muss den Herausforderer machen

Eigentlich muss er kandidieren. 2013 war er schon SPD-Chef, als er Peer Steinbrück der Vortritt ließ, der dann ebenso wie Steinmeier zuvor klar gegen Merkel verlor. Steinbrück hat seine Bewerbung jüngst selbst einen Fehler genannt. Wenn Gabriel jetzt nicht selbst den Kopf hinhält, kann er nicht mehr lange SPD-Chef bleiben, munkelt man im politischen Berlin. Bei einen krachenden Niederlage aber wohl auch nicht.

Vielleicht stellt sich aber auch Martin Schulz den Wählern. Im Ernst? Die "Bild-Zeitung" hat vor ein paar Tagen dieses Gerücht verbreitet. Der Präsident des Europaparlaments hat im vergangenen Jahr einen guten Europa-Wahlkampf hingelegt und dennoch gegen den konservativen, jetzigen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker knapp verloren. Knappe Niederlagen klingen aber in den Ohren vieler Sozialdemokraten fast schon wie Hoffungsschimmer.

Immer wieder neue Gerüchte

Müde gelächelt habe man im Willy-Brandt-Haus ob dieses Pressegerüchts, heißt es im politischen Berlin. Und manch ein Beobachter will auch schon gehört haben, dass Familienministerin Manuela Schwesig als künftige Leitfigur der SPD aufgebaut werde. Nochmals müdes Lächeln in der SPD-Zentrale. Auch die Namen Hannelore Kraft (Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, will erklärtermaßen nicht antreten) und Olaf Scholz (Bürgermeister von Hamburg, fühlt sich dort sehr wohl) geistern schon länger durch die Gazetten, werden dadurch aber auch nicht wahrscheinlicher.

Bleibt die eine große Hoffnung für die SPD: dass die Kanzlerin die Lust verliert und 2017 nicht weitermacht. Dann würde wohl die kantige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen für die Union antreten, was der SPD deutlich größere Chancen böte. Wahrscheinlich ist das aber nicht. Es bleiben wohl traurige Zeiten für die SPD…

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