1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Komplett erneuerbar? Stromversorgung 2050

7. Juli 2010

Eine neue Studie des Umweltbundesamtes kommt zum Ergebnis, dass Deutschland seinen Strom 2050 komplett aus erneuerbaren Energien gewinnen könnte. Eine Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke sei nicht nötig.

https://p.dw.com/p/OD2h
Windkrafträder auf dem Rosskopf bei Freiburg (Foto: DPA)
Bild: picture-alliance/ dpa

Die Bundesregierung wird in diesem Jahr ein neues Energiekonzept für die nächsten Jahre verabschieden. Die umstrittenste Frage dabei ist: Werden wir in den nächsten Jahrzehnten noch Atomstrom brauchen oder können wir ganz auf erneuerbare Technologien umstellen?

Jochen Flasbarth, Präsident des Umweltbundesamtes (Foto: DPA)
Jochen Flasbarth, Präsident des UmweltbundesamtesBild: picture-alliance/dpa

Vor diesem Hintergrund legen zurzeit verschiedene Think-Tanks, Interessengruppen und Institute ihre Studien zu diesem Thema vor. Nun hat auch das Umweltbundesamt, das dem Umweltministerium untersteht und die zentrale Umweltbehörde des Bundes ist, ein Szenario für das Jahr 2050 errechnet. "Eine vollständige Umstellung der Stromversorgung auf erneuerbare Energien bis 2050 ist technisch möglich", fasste der Präsident des Umweltbundesamts Jochen Flasbarth das Ergebnis am Mittwoch (07.07.2010) in Berlin zusammen.

Politische Beschlüsse ausreichend

In der Regierung streiten sich derzeit Umweltminister Norbert Röttgen und Kanzleramtsminister Ronald Pofalla zwar öffentlich darüber, wie lange die deutschen Atomkraftwerke noch am Netz bleiben sollen. Beide wollen aber auf jeden Fall die Laufzeiten gegenüber den jetzt geltenden Gesetzen verlängern. Denn die Regierung geht davon aus, dass in den nächsten Jahrzehnten immer noch sogenannte Brückentechnologien nötig sein werden, also Atomkraft oder auch effizientere Kohlekraftwerke, an deren Entwicklung die Industrie arbeitet.

Die größte Oppositionspartei SPD will zwar am Atomausstieg festhalten, sich aber von der Kohle auch eher zögerlich verabschieden. Union und SPD haben aber gemeinsam in der großen Koalition von 2005 bis 2009 entscheidende Beschlüsse zur Reduzierung der Treibhausgase und zum Ausbau der erneuerbaren Energien gefasst. Bis 2020 soll Deutschland demnach 40 Prozent weniger CO2 ausstoßen als bisher.

In der fränkischen Gemeinde Arnstein soll das weltweit größte Solarfeld entstehen. Die insgesamt 1500 Solaranlagen sollen später einmal Strom für 3500 Haushalte liefern. (Foto: DPA)
In der fränkischen Gemeinde Arnstein soll das weltweit größte Solarfeld entstehenBild: picture-alliance/ dpa

"

Das, was wir derzeitig als integriertes Energie- und Klimapaket haben, ist als erster Schritt ausreichend", lobte Harry Lehman, Fachbereichsleiter Umweltplanung im Umweltbundesamt, die Politik. Wichtig sei, dass in den nächsten Jahrzehnten nach und nach weitere Schritte folgten: "Eine vollständige Umstellung auf erneuerbare Energien ist keine Vision, sondern es ist das, was sich im derzeitigen politischen Rahmen entwickelt."

Grundlage für die neue Studie des Umweltbundesamtes sind die Wetterdaten aus den Jahren 2006 bis 2009 - "stundenscharf", so Flasbarth, und inklusive Wetterextremen wie einer zweiwöchigen Windflaute im Dezember 2007. Die Studie geht von einem Szenario aus, das keine Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke vorsieht. Nach der derzeitigen Gesetzeslage würde das letzte deutsche Kernkraftwerk zwischen 2020 und 2030 vom Netz gehen. Flasbarth betonte, man sei sehr konservativ an das Thema herangegangen: "Wir haben nur heute verfügbaren Technologien unterstellt. Technologiesprünge, die man durchaus annehmen kann, wenn man vier Jahrzehnte in die Zukunft denkt, sind hier nicht berücksichtigt."

Studien gehen auseinander

Schwankende Leistungen bei erneuerbaren Energie, die durch das Wetter entstehen, könnten laut der Studie durch ein besseres Netzmanagement und Speichertechniken wie das Pumpen von Wasser in höher gelegene Stauseen und die künstliche Herstellung von Wasserstoff und Methangas ausgeglichen werden.

Bereits im Mai 2010 kam ein Gutachten des Sachverständigenrats für Umweltfragen, der die Bundesregierung berät, zu einem ähnlichen Ergebnis. Eine Studie im Auftrag des Wirtschaftsministeriums rät dagegen zu einer Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke. Ansonsten müsse Deutschland massiv Strom zukaufen.

Autor: Mathias Bölinger
Redaktion: Kay-Alexander Scholz