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Kondome für Afrika

19. März 2009

Die Äußerungen von Papst Benedikt XVI. zu Kondomen haben einen internationalen Proteststurm ausgelöst. Spanien kündigte die Lieferung von einer Million Kondome nach Afrika an.

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Der Papst mit einem Geistlichen (Foto: AP)
Der Papst glaubt: Kondome verschlimmern das AIDS-ProblemBild: AP

Der Papst steht erneut international in der Kritik. Seine Äußerungen, Kondome könnten nicht gegen Aids helfen, riefen weltweit Unverständnis und Proteste hervor. Spanien beschloss, ein Zeichen gegen den Papst zu setzen: Das Gesundheitsministerium kündigte die Lieferung von einer Million Präservativen nach Afrika an. Dadurch solle die Ausbreitung von Aids verhindert werden, erklärte das Gesundheitsministerium. Kondome seien "notweniger Bestandteil der Präventionspolitik".

Deutsche Politiker kritisieren Papst

Auch deutsche Politiker reagierten mit Unverständnis auf die Papst-Äußerungen. Die Ministerinnen Ulla Schmidt und Heidemarie Wieczorek-Zeul erklärten gemeinsam, dass Kondome zur Verhütung der Immunschwächekrankheit eine entscheidende Rolle spielten.

Gesundheitsministerin Ulla Schmidt steht am Weltaidstag 2008 vor Schülern, die aus einzelnen Tafeln eine Aids-Schleife darstellen (Foto: AP)
Gesundheitsministerin Ulla Schmidt: "Kondome retten Leben"Bild: AP


"Kondome retten Leben, sowohl in Europa als auch auf anderen Kontinenten", schrieben die SPD-Politikerinnen. Sie wiesen darauf hin, dass im Afrika südlich der Sahara 22 Millionen Menschen mit dem HI-Virus infiziert oder an Aids erkrankt seien. "Moderne Entwicklungszusammenarbeit muss den Ärmsten der Armen Zugang zu Mitteln der Familienplanung geben. Und dazu gehört insbesondere auch der Einsatz von Kondomen. Alles andere wäre unverantwortlich."

Der Papst hatte zum Auftakt seiner Afrika-Reise gesagt, das Aids-Problem werde durch die Verteilung von Kondomen nicht gelöst. "Man kann das Aids-Problem nicht durch die Verteilung von Kondomen regeln. Ihre Benutzung verschlimmert vielmehr das Problem", sagte das katholische Kirchenoberhaupt.

"Nutzt Kondome"

Auch FDP-Parteichef Guido Westerwelle hat die Äußerungen von Benedikt XVI. scharf kritisiert. Er respektiere, dass der Papst auch auf Treue und Enthaltsamkeit setze. "Aber das Verdammen von Kondomen ist in dieser Zeit absolut verantwortungslos", sagte Westerwelle. Man müsse junge Menschen vielmehr auffordern: "Nutzt Kondome!" Das sei viel besser als an Aids zu sterben, sagte Westerwelle.

Die Deutsche AIDS-Hilfe kritisierte Benedikt XVI. auf das Schärfste. Der "versündige" sich damit an der Menschheit. Angesichts der Situation auf dem afrikanischen Kontinent sei die kategorische Ablehnung des Kondoms "zynisch und menschenverachtend".

Paris "stark beunruhigt"


Auch international regte sich Unmut, vor allem im katholischen Frankreich. Frankreich sei "sehr stark beunruhigt", sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Paris. "Auch wenn es uns nicht zukommt, über die Kirchendoktrin zu urteilen, sind wir der Meinung, dass solche Äußerungen die öffentliche Gesundheitspolitik und das Gebot des Schutzes des menschlichen Lebens in Gefahr bringen." Nach Ansicht des konservativen Ex-Premierministers Alain Juppé "wird der Papst zu einem echten Problem".

Alain Juppé (Foto: AP)
Der Bürgermeister von Bordeaux, Alain Juppé: Der Papst sei ein "echtes Problem"Bild: AP

"Grenzt an Tötung"

"Jetzt reicht es wirklich mit dem Papst", sagte der Europa-Abgeordnete der Grünen, Daniel Cohn-Bendit, dem Sender France-Info. Wer Jugendlichen dort Enthaltsamkeit predige, überlasse sie sich selbst und der Krankheit. "Das grenzt an vorsätzliche Tötung."

Selbst der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke setzt sich für einen tabulosen Umgang mit dem Thema Kondome ein. "Wer Aids hat und sexuell aktiv ist, wer wechselnde Partnerschaften sucht, muss andere und sich selber schützen", schreibt der katholische Geistliche in einem Beitrag für die Wochenzeitung "Die Zeit". Jaschke beschreibt die vielfältige kirchliche Aids-Arbeit in Afrika und stellt klar: "Die Kirche steht nicht in einer finsteren Anti-Kondom-Ecke, von der aus sie die Menschen einschüchtern will." Es gebe "kein Tabu beim Thema Kondom, aber auch keine Mythen und Verharmlosungen, als sei damit die Welt in Ordnung".

22 Millionen Infizierte

Südlich der Sahara liegen nach Angaben des UN-Aidsprogramms (UNAIDS) die von der Krankheit am schlimmsten betroffenen Länder der Erde. Etwa 22 Millionen HIV-infizierte Menschen leben in dieser Weltregion - zwei Drittel aller Fälle weltweit. 75 Prozent aller Aids-Toten sind hier zu beklagen.

Die Haltung des Vatikans zu Kondomen fußt auf der Enzyklika "Humanae Vitae", mit der Paul VI. Ende der 1960er Jahre auf die Anti-Baby-Pille reagierte. Die Enzyklika verbietet jegliche Form von künstlicher Geburtenkontrolle.

Der Papst setzt derweil seine Afrika-Reise fort. Am Donnerstag (19.03.2009) feierte er eine riesige Messe im Fußballstadion der Hauptstadt Kameruns. Vor mehr als 60.000 Gläubigen betonte Benedikt XVI., mit Gottvertrauen könne Afrika der "Kontinent der Hoffnung" werden. (sam/mas/ako/fw/afp/dpa/ap)