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Konflikt im Schatten des Irak-Krieges

Reinhold Meyer27. Februar 2004

Uganda kommt nicht zur Ruhe. Im Norden des Landes tobt ein blutiger Konflikt zwischen der Armee und den Rebellen der "Widerstandsbewegung des Herrn". Reinhold Meyer kommentiert.

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Die "Perle Afrikas", wie Winston Churchill das Ursprungsland des Nil einmal genannt hatte, weist einige dunkle Flecken auf. Neben der Festlegung von Präsident Yoweri Museveni auf eine politische Ordnung, die konkurrierende Parteien als Träger der politischen Willensbildung ablehnt und seinem Beharren auf ein verfassungswidriges drittes Amtsmandat ist es vor allem das völlige Versagen der ugandischen Armee, die LRA, eine der brutalsten Rebellentruppen Afrikas, zu besiegen. Für die betroffene Bevölkerung in Norduganda bedeutet das Massenvertreibung, Zwangsumsiedlung in so genannte Wehrdörfer, Vegetieren in Flüchtlingslagern, mehr als 100.000 Tote sowie die Entführung von bisher etwa 20.000 Kindern und deren Einsatz als Soldaten.

Von den Vereinigten Staaten, Deutschland und Europa, die von den stabilen Machtverhältnissen und der am Markt orientierten Ökonomie fasziniert waren, wurde Uganda zum Musterland, Präsident Museveni zum Hoffnungsträger erklärt. Störfaktoren des eindrucksvollen Aufschwungs wie die alten Erzübel Tribalismus, Einparteienstaat und religiöser Fundamentalismus werden geflissentlich beiseite geschoben. Das positive Image trübt auch nicht der steile Anstieg der Militärausgaben, der von der ugandischen Regierung durch die hohen Kosten des Kampfes gegen die Rebellen gerechtfertigt wird.

Vergessener Konflikt

Uganda zählt zu den afrikanischen Ländern, die seit längerer Zeit gewalttätige Zusammenstöße erleben. Meldungen von Toten und Verletzten sind tagtägliche Realität, ohne auch nur annähernd thematisiert zu werden. Auch der Aufschrei der ugandischen Kirchenvertreter wäre ohne das schlimmste Massaker seit zehn Jahren kaum bemerkt worden. Ebenso wie Warnungen von Menschenrechtlern in den vergangenen Monaten, in Norduganda drohe ein Völkermord. Der UN-Untergeneralsekretär für humanitäre Angelegenheiten hatte im November 2003 erklärt, die humanitäre Situation in Uganda sei schlimmer als im Irak. Es sei eine Schande, dass die internationale Gemeinschaft so wenig für die Opfer des Krieges tue.

Die Vereinigten Staaten haben die LRA nach dem 11. September auf die Liste der terroristischen Organisationen gesetzt. Für die ugandische Regierung hat seitdem der Kampf gegen die Rebellen Priorität. So möchte sie sich der Unterstützung Washingtons versichern und die Verbrechen und Plünderungen der eigenen Armee bei dem Einsatz im Kongo vergessen machen. Die ugandische Armee startete mit einer Sonderhilfe der Amerikaner im Jahr 2002 die Großoffensive "Eiserne Faust" im Südsudan, wo die LRA ihre Rückzugsbasen hatte. Die LRA revanchierte sich mit verheerenden Gegenschlägen und verlagerte sich wieder verstärkt nach Uganda.

Friedensgespräche als Ausweg

Diese zerstörerische Gewaltspirale kann nur durch Friedensgespräche gestoppt werden. Dazu müsste aber den Generälen, Offizieren und Politikern, die von dem Konflikt profitieren, ebenso Einhalt geboten werden wie der massiven Korruption in der Armee. Weiterhin müsste die Regierung durch entschlossene Taten jeden Verdacht machttaktischer Überlegungen oder Instrumentalisierung ethnischer Zugehörigkeiten widerlegen. Dies erscheint schwierig und somit ist ein Ende der selbstzerstörerischen Situation in Norduganda noch in weiter Ferne, wenn auch wegen der engen Verzahnung der Konflikte ein mögliches Ende des Bürgerkriegs im Südsudan nicht ohne Folgen für die LRA bleiben würde. Norduganda läuft Gefahr, ein vergessenes Krisengebiet zu bleiben, auf das sich nur wegen neuer Horrormeldungen sporadisch die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit richtet.