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Diplomatie statt Druck

Daniel Pelz, Berlin 5. Juli 2016

Kongos Staatschef Joseph Kabila klammert sich an die Macht, obwohl er eigentlich abtreten müsste. Die Stimmung im Land ist aufgeheizt, auch im Ausland wächst der Unmut. Doch mit Druck halten sich westliche Länder zurück.

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Joseph Kabila (links) und US-Außenminister John Kerry schütteln sich die Hand (AP Photo/Evan Vucci)
Joseph Kabila (links) und US-Außenminister John Kerry beim US-Afrika-Gipfel 2014Bild: picture-alliance/AP

Zumindest die USA versuchen es nun mit ein bisschen Druck. Vor zwei Wochen verhängten sie Sanktionen gegen den Kabila-Vertrauten Celestin Kanyama: Kein US-Amerikaner darf mehr Geschäfte mit dem Kongolesen machen, potentielles Vermögen Kanyamas in den USA wird eingefroren. "Ein klares Zeichen, dass die Vereinigten Staaten die repressiven und gewaltsamen Taten des Regimes, vor allem die von Celestin Kanyama, verurteilen", teilte das US-Finanzministerium mit. Kanyama, Polizeichef der Hauptstadt Kinshasa, soll unter anderem für Polizeioperationen bei Anti-Kabila-Demonstrationen in der Hauptstadt Kinshasa im vergangenen Jahr verantwortlich gewesen sein. Über 40 Menschen starben bei den Ausschreitungen.

Doch um den Polizeichef geht es nur vordergründig. Dass zum ersten Mal ein Kabila-Vertrauter sanktioniert wird, ist auch eine Botschaft an den Staatschef selbst. Der gilt im Westen längst nicht mehr als Hoffnungsträger. "Joseph Kabila und seine Regierung haben die Erwartungen, die die Bevölkerung im Kongo und auch das Ausland in ihn gesetzt haben, nicht erfüllt", sagt der Kongo-Experte Ingo Badoreck, Generalsekretär der Deutschen Afrika Stiftung (DAS).

"Aus dem Wahrnehmungshorizont verschwunden"

Im Dezember endet Kabilas zweite Amtszeit als Staatschef der Demokratischen Republik Kongo, danach müsste er abtreten. Aber bis jetzt gibt es keinen offiziellen Termin für die Präsidentenwahl. Ein abgekartetes Spiel, glaubt die Opposition. Denn das Verfassungsgericht hat im Mai entschieden, dass er geschäftsführend im Amt bleibt, wenn die Wahl nicht pünktlich abgehalten werden kann. Bisher hat Kabila nicht gesagt, ob er eine dritte Amtszeit als Staatschef anstrebt, doch viele Kongolesen gehen davon aus.

Zwei Personen mit Stimmzetteln vor Wahlurnen.
2012 wurde Joseph Kabila für eine zweite Amtszeit wiedergewählt.Bild: picture alliance/dpa

Im Kongo wachsen die Spannungen - aber das Ausland hält sich zurück. Ganz anders 2006, als Joseph Kabila zum ersten Mal ins Präsidentenamt gewählt wurde: Rund 2000 EU-Soldaten sicherten die ersten freien Wahlen nach jahrzehntelanger Diktatur. Das UN-Entwicklungsprogramm finanzierte die Abstimmung. Alle westlichen Politiker von Rang und Namen äußerten sich zur Wahl.

Manche Beobachter wünschen sich angesichts des heißen politischen Klimas wieder mehr Engagement aus dem Ausland. "Kongo ist aus dem deutschen Wahrnehmungshorizont verschwunden", schimpft der Afrika-Experte Dominic Johnson in der "tageszeitung".

Europa setzt auf Diplomatie

Stimmt nicht, sagt die Bundesregierung. Sie verweist darauf, dass im Kongo die größte UN-Mission der Welt stationiert ist. Und: "Deutschland hat den Kongo pro Jahr mit ungefähr 260 Millionen Euro Entwicklungshilfe unterstützt. Zu sagen, dass wir nicht hinschauen und nichts tun, halte ich nicht für angemessen", sagt Georg Schmidt, Afrikabeauftragter des Auswärtigen Amtes, im DW-Gespräch.

Außenminister Steinmeier und Präsident Kabila an einem Besprechungstisch, im Hintergrund die kongolesische Fahne (Foto: Michael Kappeler/dpa)
Außenminister Steinmeier traf Joseph Kabila 2015 in der Demokratischen Republik KongoBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Deutschland setzt, wie die anderen EU-Länder, auf Diplomatie. "Wir versuchen, mit beiden Seiten zu sprechen, die Kontakte offen zu halten, wir unterstützen den Vermittler der Afrikanischen Union, damit es einen Dialog gibt", sagt Diplomat Schmidt. Zu mehr können sich die europäischen Staaten derzeit nicht durchringen. Sanktionen werden auch in der EU diskutiert - aber Experten halten es für unwahrscheinlich, dass die EU zu diesem Mittel greift.

Westlicher Einfluss auf Kabila schwindet

Doch reicht Diplomatie aus? Im Kongo schwindet der Einfluss westlicher Länder. Als Außenminister Frank-Walter Steinmeier 2015 den Kongo besuchte, soll Kabila ihm laut "Spiegel" erklärt haben, dass er die deutsch-kongolesische Zusammenarbeit schätze - aber Einmischungen von außen ablehne. Längst sind auch China und Russland wichtige Partner Kabilas - vor allem, weil sie die Bodenschätze des Kongo interessieren.

Insgesamt bleibt das europäische Engagement deutlich hinter dem von 2006 zurück. "Es gibt im Moment eine andere politische Großwetterlage. Ich habe den Eindruck, dass die komplexen Probleme im Kongo nach einem Jahrzehnt der massiven internationalen Unterstützung nicht dem Ende zusteuern", sagt DAS-Generalsekretär Ingo Badoreck. "Ich glaube, man ist ein bisschen an dem Punkt, dass man sagt: Da müssen die Kongolesen eine Lösung für ihre eigenen Probleme finden."