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60 Jahre BRD

11. Juni 2009

"Keine Experimente" – mit dem Slogan warb Adenauer 1957 für die Fortsetzung seiner Politik und errang seinen größten Wahlerfolg. 14 Jahre regierte der erste Kanzler – und stellte die Weichen für die junge Bundesrepublik.

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Konrad Adenauer im Jahr 1966. 14 Jahre lang lenkte er die Geschicke der jungen Republik (Foto: dpa)
Konrad AdenauerBild: picture-alliance/ dpa

Konrad Adenauer hat sich selbst zum Kanzler gemacht: Als er am 15. September 1949 zum ersten Kanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt wird, ist es seine eigene Stimme, die den Ausschlag gibt. Noch ahnt niemand, dass der 73-jährige die Geschicke des Landes in den kommenden 14 Jahren lenken wird. Der mit parteitaktischer und politischer Finesse ausgestattete Rheinländer stellt in seiner Amtszeit die wesentlichen Weichen für die Geschichte der Deutschen nach dem Ende des verheerenden Zweiten Weltkriegs.

Der Kölner Oberbürgermeister Adenauer beim Stapellauf des Kreuzers 'Köln' 1928 (Foto: Deutsches Bundesarchiv)
Der Karriere erster Teil: von 1917 bis 1933 war Adenauer (Mitte) Kölner OberbürgermeisterBild: Deutsches Bundesarchiv

Konrad Adenauer wird Anfang Januar 1876 als drittes von fünf Kindern einer katholischen Familie in Köln geboren. Der in der Familie erlebte Katholizismus wird auch sein politisches Handeln bestimmen – genauso wie sein rheinischer Pragmatismus und die starke Ablehnung der preußischen Zentralgewalt in Berlin. Seine politische Karriere beginnt 1917, als Oberbürgermeister der Stadt Köln. Auf sein Betreiben siedeln 1929 die Ford-Werke nicht in Berlin, sondern in Köln an; die Kölner Universität wird in seiner Amtszeit erweitert - und gegen den erklärten Willen der Kölner Industrie sichert Adenauer den Bürgern der Stadt einen großzügigen "Grüngürtel" als Naherholungsgebiet.

Eine mutige Entscheidung

Nach der Übertragung der Regierungsgewalt an die Nationalsozialisten verweigert er im Februar 1933 vor einer Wahlkampfrede Adolf Hitlers die Beflaggung einer Rheinbrücke mit Hakenkreuzfahnen – eine Entscheidung, die seiner Karriere zunächst einmal ein Ende setzt. Einen Monat später wird Adenauer abgesetzt, ab 1935 gibt er seine öffentlichen Ämter ab und lebt zurückgezogen mit seiner zweiten Frau Auguste in Rhöndorf – einem kleinen Dorf südlich von Bonn.

Nach dem missglückten Attentat auf Hitler 1944 gerät Adenauer als Mitwisser ins Visier der Gestapo, wird verhaftet und ins berüchtigte Gestapo-Gefängnis in Köln-Brauweiler gesperrt. Dort erlebt er das Kriegsende.

Konrad Adenauer unterzeichnet m 23. Mai 1949 das Grundgesetz (Foto: dpa)
Als Präsident des Parlamentarischen Rates unterzeichnet Adenauer am 23. Mai 1949 das Grundgesetz - die Geburtsstunde der BundesrepublikBild: picture-alliance/ dpa

Erster Vorsitzender der CDU

Noch im Mai 1945 setzen die britischen Besatzungsbehörden ihn wieder als Kölner Oberbürgermeister ein. Aber Konrad Adenauer fühlt sich zu Höherem berufen, wird Vorsitzender der am 22. Januar 1946 gegründeten "Christlich Demokratischen Union" und mischt sich in die Politik der westlichen Besatzungszonen ein. Als der Parlamentarische Rat in Bonn die Beratungen über eine neue Verfassung beginnt, ist Konrad Adenauer dessen Präsident.

Mit seiner Kanzlerschaft sind die wichtigsten Entscheidungen der jungen Bundesrepublik verbunden: Adenauer setzt sich für die Westintegration der BRD ein, setzt die Wiederbewaffnung und den Beitritt zur NATO durch und auch für den Beginn der Aussöhnung mit Israel ist er verantwortlich.

"Erfüllungsgehilfe des Imperialismus"

Am 20. September 1949 wird Konrad Adenauer (l.) durch Bundestagspräsident Erich Köhler als erster Kanzler vereidigt (Foto: dpa)
Am 20. September 1949 wird Adenauer als erster Kanzler vereidigt - 14 Jahre lang bleibt er im AmtBild: picture-alliance/dpa

Während sich die Bundesrepublik unter Adenauers Kanzlerschaft westlich orientiert, wird der 2. deutsche Staat – die "Deutsche Demokratische Republik" – Teil des Ostblocks unter sowjetischer Führung. Die DDR wird Mitglied des Warschauer Paktes und des "Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe". Im "sozialistischen Bruderstaat" wird die Westintegration der Bundesrepublik scharf kritisiert, Adenauer gilt als "Erfüllungsgehilfe" des "US-amerikanischen Imperialismus". Der Polemik folgen zahlreiche Versuche, die Bundesrepublik mit gesamtdeutschen Wahlen zu locken. Doch Adenauer lehnt diese Bemühungen als "sowjetdeutsche Propaganda" ab und hält dem "Pankow-Regime" vor, nicht durch freie Wahlen vom Volk legitimiert zu sein.

Das deutsch-deutsche Verhältnis gerät während seiner Kanzlerschaft in die schwerste Krise. Nachdem etwa 2,5 Millionen Menschen aus der DDR in den Westen geflüchtet sind, lässt die Regierung in Ost-Berlin am 13. August 1961 eine Mauer durch Berlin und einen Zaun entlang der Demarkationslinie zwischen der Bundesrepublik und der DDR errichten. Konrad Adenauer reagiert zögerlich, setzt – scheinbar unbeeindruckt – seinen Bundestagswahlkampf gegen den SPD-Spitzenkandidaten Willy Brandt fort und besucht Berlin erst neun Tage später. Bei der Wahl am 17. September 1961 muss er erstmals herbe Verluste hinnehmen, während SPD und FDP Stimmen gewinnen können.

Adenauer (Mitte links) mit Verteidigungsminister Theodor Blank beim Abschreiten der Front der angetretenen Soldaten am 20. Januar 1956 in Andernach (Foto: ap)
Adenauer (Mitte links) beim Truppenbesuch - er hat die Wiederbewaffnung Deutschlands durchgesetztBild: dpa - Bildarchiv

Der Alte will nicht gehen

Unter der Maßgabe nach zwei Jahren zurück zu treten, wird Konrad Adenauer ein letztes Mal zum Kanzler gewählt. Doch seine vierte Kanzlerschaft steht unter keinem guten Stern. Die Spiegel-Affäre um angeblichen Landesverrat einiger Redakteure führt zu einer schweren Regierungskrise, in deren Verlauf die FDP-Minister geschlossen zurücktreten. Und auch das Gerangel um seine Nachfolge wirft ein schlechtes Licht auf die letzten Amts-Monaten des mittlerweile 87-Jährigen.

Am 15. Oktober 1963 tritt der "Alte" zurück, sein Nachfolger wird Wirtschaftsminister Ludwig Erhard. Konrad Adenauer stirbt am 19. April 1967 im Alter von 91 Jahren. Die Totenmesse im Kölner Dom wird von hochrangigen Politikern aus aller Welt besucht. Sie erweisen einem Mann die letzte Ehre, der die deutsche Nachkriegsgeschichte wie kaum ein anderer beeinflusst hat.

Autor: Matthias von Hellfeld

Redaktion: Manfred Götzke