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Konsumklima auf tiefstem Stand seit 1991

28. September 2022

Die Stimmung der Verbraucher ist so schlecht wie nie. Hohe Energiepreise und die galoppierende Inflation vermiesen den Menschen die Lust aufs Einkaufen. An der Börse geht die Talfahrt weiter.

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Deutschland Essen Einkaufszentrum Limbecker Platz
Bild: picture-alliance/dpa/B. Thissen

Energiekrise und Inflation in Deutschland drücken die Konsumstimmung auf ein neues Rekordtief. Das Barometer der Nürnberger GfK-Marktforscher signalisiert für Oktober einen überraschend starken Rückgang um 5,7 Zähler auf minus 42,5 Punkte. Es fällt damit zum vierten Mal in Folge und zugleich auf den niedrigsten Stand seit Erhebung der Verbraucherlaune für Gesamtdeutschland 1991, wie die GfK am Mittwoch mitteilte. Viele Haushalte seien derzeit gezwungen, deutlich mehr Geld für Energie auszugeben oder für spürbar höhere Heizkostenabrechnungen zurückzulegen. "Entsprechend müssen sie bei anderen Ausgaben, wie zum Beispiel neuen Anschaffungen, sparen", sagte GfK-Konsumexperte Rolf Bürkl. "Dies lässt das Konsumklima auf ein neues Rekordtief abstürzen."

Die derzeit sehr hohen Inflationsraten von knapp acht Prozent führten zu großen realen Einkommenseinbußen unter den Verbrauchern und damit zu einer deutlichen geschrumpften Kaufkraft. "Da im Moment nicht absehbar ist, wann sich die Inflation wieder spürbar abschwächt, stehen dem Konsumklima in den kommenden Monaten schwierige Zeiten bevor", warnte Bürkl.

Deutschland | Schließende Geschäfte in den Innenstädten
Schon während des Corona-Lockdown litt der Einzelhandel besondersBild: Sven Simon/picture alliance

Der Branchenverband HDE sieht den Einzelhandel bereits im Dilemma. "Die Kundinnen und Kunden kaufen weniger oder günstiger ein, gleichzeitig steigen die Energiepreise auch für die Betriebe explosionsartig an", sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. "Die Preissteigerungen einfach so an die Kunden durchzureichen, funktioniert in dieser Lage im harten Wettbewerb nicht." Deshalb müsse die Bundesregierung ihre Hilfsprogramme für von den Energiekosten überforderte Firmen rasch anpassen, damit auch Einzelhändler Unterstützung erhalten könnten.

Keine Stimmungswende in Sicht

Die Unsicherheit sei groß, wie lange die Energiekrise andauere und wie teuer sie letztlich werde, sagte Jörg Zeuner, Chefökonom von Union Investment. Wie so oft in unsicheren Situationen setze beim Verbraucher nun erst einmal der "Sparreflex" ein. "Dem Konsum wird im kommenden Winterhalbjahr ein eisiger Wind ins Gesicht blasen – selbst wenn die Temperaturen überdurchschnittlich hoch bleiben sollten und damit eine Gasmangellage verhindert werden kann." Das sieht Alexander Krüger von der Privatbank Hauck, Aufhäuser Lampe ähnlich. ""Der Blick ins Portmonee hat die Verzweiflung der Verbraucher weiter ausufern lassen." Die Eiszeit bei der Verbraucherlaune werde anhalten. "Eine Stimmungswende liegt im Nirwana." Problematisch sei, dass kein Licht am Tunnelende zu sehen sei. "Das Rumeiern der Regierung hinsichtlich schneller Entlastungen ist immer weniger zu verstehen", kritisierte Chefvolkswirt Krüger.

Bereits zum achten Mal in Folge sank der GfK-Teilindex der sogenannten Anschaffungsneigung. Das Barometer fiel auf den niedrigsten Wert seit Oktober 2008 und damit zu Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise. "Für die Verbraucher wird eine Rezession wahrscheinlicher." Firmen und private Haushalte sorgten sich um explosionsartig gestiegene Energiekosten.

Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung rechnet für 2023 mit einem Einbruch des privaten Konsums. Die Ausgaben der Haushalte dürften wegen der hohen Inflation um 2,5 Prozent sinken und damit so stark wie seit dem Corona-Jahr 2020 nicht mehr.

Auch die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute gehen davon aus, dass Deutschland eine Rezession im Winter nicht verhindern kann. Die Wirtschaft rutsche wegen der Energiekrise in eine konjunkturelle Talsohle und werde dann schrumpfen, erwarten die Regierungsberater, wie die Nachrichtenagentur Reuters von mehreren mit der Sache vertrauten Personen erfuhr. Deshalb hätten die Ökonominnen und Ökonomen ihre Frühjahrs-Prognose massiv gekappt. Für dieses Jahr erwarten die Fachleute demnach nur noch ein Wirtschaftswachstum von rund 1,4 Prozent und für 2023 einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um etwa 0,4 Prozent.

Dax erstmals über 16 000 Punkten
Das waren noch Zeiten.... Der DAX erreicht die Marke von 16.000 Punkten - im August 2021Bild: Arne Dedert/dpa/picture alliance

DAX setzt Talfahrt ungebremst fort

Der Deutsche Aktienindex (DAX) bleibt wegen der Inflations-, Zins- und Konjunktursorgen im Abwärtsstrudel. Erstmals seit November 2020 sackte der deutsche Leitindex am Mittwoch unter die Marke von 12.000 Punkten, die psychologisch von großer Bedeutung ist. Zur Mittagszeit büßte der Leitindex 1,84 Prozent auf 11. 916,55 Punkte ein. Der MDax fiel um 2,86 Prozent auf 21 702,52 Zähler und der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 verlor 1,8 Prozent an Wert. "Es droht eine weitere Handelswoche des Grauens", urteilte der Marktbeobachter Timo Emden. Im weiteren Verlauf konnte der DAX seine Verluste etwas eingrenzen und überstieg die 12.000er Marke wieder. 

Dennoch hat der DAX im Laufe dieser Woche schon wieder rund drei Prozent verloren. Seit dem Zwischenhoch vor gut zwei Wochen hat er nun schon mehr als zwölf Prozent eingebüßt. Heftige Kursverluste gab es im Bankensektor, wie die mehr als sieben Prozent Minus für die Papiere der Deutschen Bank als DAX-Schlusslicht zeigten. Noch düsterer sah es im Stahlsektor aus wegen einer Branchenstudie der US-Bank JPMorgan, die pessimistisch auf die Profitabilität im Kohlenstoffstahlbereich blickt. Für die Titel von Thyssenkrupp ging es um 11,4 Prozent bergab, nachdem Analyst Luke Nelson die Bewertung mit Underweight wieder aufgenommen hat. Für den stärker auf Stahl fokussierten Salzgitter-Konzern belief sich der Kursrutsch sogar auf fast 14 Prozent. 

hb/tko (rtr, dpa)