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Kopf-an-Kopf-Rennen in Israel

17. März 2015

Fast sechs Millionen Israelis entscheiden heute über die Zusammensetzung ihres neuen Parlaments. Die Wahl könnte auch über den Umgang mit den Palästinensern entscheiden.

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Symbolbild Wahlurne Israel (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/Baz Ratner

120 Sitze der 20. Knesset stehen in Israel zur Wahl. Von dem Ergebnis hängt ab, ob der amtierende Ministerpräsident Benjamin Netanjahu weiter im Amt bleibt. Sein Herausforderer ist Izchak Herzog, dessen Mitte-Links Bündnis "Zionistische Union" mit der Ex-Außenministerin Zipi Livni Umfragen zufolge die stärkste Fraktion bilden könnte.

Absage an Zwei-Staaten-Lösung

Netanjahu hat in letzter Sekunde noch einen deutlichen Rechtsruck vollzogen. In einem Interview mit dem Nachrichtenportal NRG sagte er: "Wer auch immer die Schaffung eines Palästinenserstaates möchte oder den Abzug aus Gebieten fordert, überlässt einfach nur diese Gebiete für die Angriffe islamistischer Terroristen auf Israel." Die Gründung eines eigenen Palästinenserstaates und eine damit einhergehende Zwei-Staaten-Lösung schloss der amtierende Ministerpräsident aus.

Benjamin Netanyahu bei der Stimmabgabe (Foto: picture-alliance/AP Photo)
Im Wahlkampf positionierte sich Netanjahu weit rechts und versuchte damit bis zur letzten Sekunde Stimmen zu gewinnenBild: picture-alliance/AP Photo/Sebastian Scheiner

Mit seinen provokativen Aussagen will Netanjahu offenbar ultrarechte Wähler für seine Likud-Partei gewinnen. Im Wahlkampf hatte er die Sicherheitspolitik zu seinem Kernthema gemacht. Bei einer Großkundgebung in Tel Aviv kündigte er an, er werde im Falle eines Wahlsiegs keine weiteren der von Palästinensern besiedelten Gebiete räumen. Außerdem betonte er, wie wichtig die Einheit Jerusalems sei. Der israelische Ministerpräsident trat in den letzten Wochen zudem massiv gegen eine befürchtete atomare Aufrüstung des Irans ein.

Für Frieden und soziale Gerechtigkeit

Netanjahus konservativer Likud steht die "Zionistische Union" gegenüber. Das Bündnis aus Isaac Herzogs sozialdemokratischer Arbeitspartei und der liberalen Partei der ehemaligen Außenministerin Livni tritt dafür ein, die Friedensverhandlungen mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas wiederzubeleben. Auch hinsichtlich der Jerusalem-Frage sprach sich Herzog für eine versöhnliche Lösung aus. Bei einem Besuch an der Klagemauer in Jerusalem, sagte er, er sei "besser als jeder andere Kandidat in der Lage, Jerusalem und seine Bewohner zu schützen - und zwar mit Taten und nicht nur mit Worten".

Die Vorsitzenden der "Zionistischen Union" kündigten weiterhin an, sich bei einem Wahlsieg für mehr soziale Gerechtigkeit einzusetzen. Netanjahu warfen sie vor, Angst vor radikalen Palästinensern und vor dem iranischen Atomprogramm zu schüren, um von sozialen Fragen abzulenken.

Isaac Herzog und Zipi Livni bei der Stimmabgabe (Foto: Getty Images/AFP)
Isaac Herzog könnte Netanjahu nach sechs Jahren im Amt des Ministerpräsidenten ablösenBild: Getty Images/THOMAS COEX/AFP

Kurz vor der Öffnung der Wahllokale hatte auch Arbeitsparteichef Herzog für eine Überraschung gesorgt. Er erklärte ein Rotationsabkommen zwischen ihm und Livni für nichtig. Dieses sah vor, dass im Falle eines Sieges beide abwechselnd die Regierung geführt hätten. Einige Wähler habe dieses Abkommen jedoch verschreckt, begründete Herzog die Entscheidung.

Große Koalition in der Knesset?

Nach den Parlamentswahlen wird Staatspräsident Reuven Rivlin voraussichtlich die stärkste Fraktion mit der Regierungsbildung beauftragen. Für Herzog dürfte die Bildung einer Koalition wesentlich schwieriger werden als für Netanjahu, dessen verbündete rechte und ultraorthodoxe Parteien Umfragen zufolge weiterhin in der Übermacht sind. Rivlin hatte jedoch bereits angekündigt, dass er eine große Koalition aus "Zionistischer Union" und Likud anregen werde, sollte es keinen klaren Wahlsieger geben.

Bei seiner Stimmabgabe schloss Netanjahu eine solche Koalition kategorisch aus: "Es wird keine Einheitsregierung mit der Arbeitspartei geben. Ich werde eine nationalistische Regierung bilden". Er kündigte an, dass sein erster Koalitionspartner die national-religiöse Siedlerpartei sein werde.

Ende nach 22 Monaten

Das israelische Parlament hatte sich im Dezember für vorgezogene Neuwahlen entschieden, nachdem Netanjahu das Ende seiner Koalitionsregierung verkündet und zwei seiner Minister entlassen hatte. Die Koalition aus Likud, der rechten Siedlerpartei Jüdisches Heim (Habait Jehudi), sowie der Zukunftspartei (Jesch Atid) um Jair Lapid und der von Livni gegründeten Partei Bewegung (Hatnuah) hielt nur 22 Monate.

Netanjahu hatte Finanzminister Lapid und Justizministerin Livni einen "Putsch" vorgeworfen und erklärt, er könne so nicht mehr weiter regieren. Streitpunkte der von Anfang an fragilen Mitte-Rechts-Koalition waren unter anderem die Erhöhung des Verteidigungsetats, aber auch ein Gesetzentwurf, mit dem Israel als Nationalstaat des jüdischen Volkes definiert werden soll.

nin/as (dpa, rtr, afp)