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Koreaner in Deutschland

Dina Musharbash4. Juni 2012

Asiatische Migranten gelten als Musterbeispiele für Integration. Doch über ihre Lebenssituation in Deutschland ist wenig bekannt. Das will der deutsch-koreanische Autor Martin Hyun ändern.

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Südkoreanische Schüler und ihr Lehrerin vor Bildschirmen
Südkoreanische SchülerBild: AP

Seit der Deutsch-Koreaner Martin Hyun sich mit seinen asiatischen Wurzeln beschäftigt, lässt ihn das Thema nicht mehr los, sagt er. "Ohne Fleiß kein Reis - wie ich ein guter Deutscher wurde" ist bereits das zweite Buch des jungen Autors, das sich mit der Lebenswirklichkeit koreanischer Migranten in Deutschland beschäftigt. Es erscheint Anfang Juni 2012. Lebendig und ironisch schildert der Sohn koreanischer Gastarbeiter darin Erlebnisse aus seinem deutsch-koreanischen Alltag. Er erzählt, wie er sich aus den Fängen seines strengen Vaters - den er "die chinesische Mauer" nennt - reißen konnte. Nun lebt er "in Freiheit" in Berlin und lacht über Diskriminierungserfahrungen, schwärmt vom multikulturellen Leben der Metropole und wirft entlarvende Blicke auf die politische Debatte um Integration. Sein Herzensthema, wie er sagt.

Seit einigen Jahren beschäftigt sich der Autor mit der Migrations- und Integrationsdebatte. "Es ist schon fast eine Art Droge", sagt der 33-jährige Politikwissenschaftler schmunzelnd. "Seit ich mich auf die Spurensuche nach meinen koreanischen Wurzeln begeben habe." Das Thema durchziehe es mittlerweile jeden Bereich seines Lebens: ehrenamtlich, politisch, hauptberuflich, literarisch - was Martin Hyun anpackt, hat fast immer mit Integration zu tun, mit seiner eigenen Geschichte und mit der seiner Eltern, die in den 1970er Jahren als Gastarbeiter aus Südkorea in das deutsche Ruhrgebiet kamen.

Abgeschottete koreanische Gemeinde

Wie rund 18.000 andere Koreaner folgten die Eltern damals dem Ruf aus Deutschland nach ausländischen Krankenschwestern, Pflegehelferinnen und Bergarbeitern. "Bescheiden und lautlos haben sie sich hier ihr neues Leben aufgebaut", erzählt Hyun. "Dabei lebten sie von Beginn an relativ abgeschottet von der deutschen Gesellschaft: in einer großen koreanischen Gemeinde, die ihnen alles an Infrastruktur bot, was das koreanische Herz begehrte." Von koreanischen Supermärkten und Friseursalons, über koreanische Kirchen und Zeitungen. "Zuhause war also Korea und draußen Deutschland" beschreibt er weiter.

Korenische Lebensmittelhändlerin präsentiert eine Packung Fisch (Foto:dpa)
Für koreanische und andere asiatische Lebensmittel gibt es eigene Fachgeschäften in DeutschlandBild: picture alliance/dpa

Anekdoten aus dieser Zeit gibt der Autor auch in seinem ersten Buch "Lautlos: ja Sprachlos: Nein" preis. Hier schildert er auch seine Spurensuche und seine erste eigenständige Reise in die Heimat seiner Eltern. Hierüber schreibt der Autor ebenfalls mit einer gehörigen Portion Humor und spielt mit Vorurteilen und Stereotypen. Ausführlich schildert er die strenge koreanische Erziehung. Dazu gehörten unter anderem der häufig drohende Rohrstock, morgendliche Appelle und das alltägliche frühmorgendliche Lernen, das selbst in den Ferien gefordert wurde. Freizeit war ein rares Gut in Hyuns Kindheit und Jugend.

"Jede Mark in die Ausbildung investiert"

Doch sein Blick zurück ist nicht bitter, sondern trotz allem heiter. "Meine Eltern haben sich da nicht von anderen koreanischen Eltern unterschieden - sie alle haben mühsam jede Mark gespart, um diese in unsere Ausbildung zu investieren", sagt Hyun. "Wir sollten es einmal besser haben als sie." So schafften viele Koreaner in Deutschland binnen einer Generation den Wandel vom Gastarbeiter zum hoch qualifizierten Akademiker. Deshalb gelten Koreaner auch, ähnlich wie Vietnamesen und andere asiatische Migranten, als Musterbeispiele der Integration.

Martin Hyun (Foto: Jan Kopetzky )
Martin HyunBild: Jan Kopetzky

"Es ist insbesondere dieser hohen Wertschätzung für Bildung zu verdanken, dass die Integration der Koreaner so vorbildlich verlaufen ist", sagt Yong-Min Cho vom Koreanischen Kulturzentrum in Berlin, das zur südkoreanischen Botschaft gehört. "Hervorragende Sprachkompetenz und die notwendigen soziale Kompetenzen sind der Schlüssel zu einer positiven Integration", so Yong-Min Cho.

Eishockey-Profi und deutscher Junioren-Nationalspieler

Auch Autor Hyun zeigt sich gerne als Beispiel dafür, dass Migrantenkinder in Deutschland nicht unbedingt chancenlos sind. Er hat in den USA und Belgien Politik und Internationale Beziehungen studiert und Anfang 2012 in Berlin seine Doktorarbeit abgeschlossen. Zehn Jahre lang war er Profispieler in der Deutschen Eishockey Liga, einige Zeit gehörte er sogar zum deutschen Junioren-Nationalteam.

Heute arbeitet Hyun als Referent in der Bundesgeschäftsstelle der Wirtschaftsjunioren Deutschland, einem Verband für junge Unternehmer und Führungskräfte. Trotz seines persönlichen Erfolgs will Hyun immer auch die Menschen im Auge behalten, die mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Er thematisiert die Schattenseiten der vermeintlich geglückten Integration: die Schwierigkeiten, die auch asiatische Akademiker haben, auf dem deutschen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, ihre mangelnde Repräsentanz in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft, alltägliche Diskriminierungen oder den geringen Kontakt, den es mit deutschen Einheimischen gibt.

Kostümierte Tänzer (Foto:dpa)
Koreaner beim Straßenumzug "Karneval der Kulturen" in Berlin im Mai 2012Bild: picture-alliance/dpa

Pleiten und Pannen der deutschen Integrationsdebatte

Dies zu ändern und die Probleme, Perspektiven und Wünsche der koreanischen Migranten sicht- und hörbar zu machen, sei Motivation für sein Engagement, so Hyun. Doch auch wenn er das Thema ernst nimmt, Humor bleibt das Wichtigste für den Autor. Und so will er sich weiterhin lustig machen über die Pleiten und Pannen der deutschen Integrationsdebatte.