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Kröger: "Irgendwann wird sich das totlaufen"

Carla Bleiker21. April 2016

In Deutschland wird es bald keine Tabakwerbung mehr geben. Psychologe Christoph Kröger hält das für sinnvoll. Positive Assoziationen würden dadurch verschwinden, Rauchen wäre nicht mehr cool.

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Zigarettenplakat am Bahnhof Freiburg. (Foto: picture-alliance/dpa/W. Steinberg)
Bild: picture-alliance/dpa/W. Steinberg

DW: Das Kabinett hat einen Gesetzentwurf verabschiedet, in dem es heißt, dass es keine Zigarettenwerbung mehr geben soll auf Plakatwänden und vor Kinofilmen, die für unter-18-Jährige freigegeben sind. Für wie sinnvoll halten Sie solche Maßnahmen?

Christoph Kröger: Ein Werbeverbot halte ich für sinnvoll. Denn Werbung assoziiert ein Produkt mit positiven Gefühlen, um es attraktiv erscheinen zu lassen - und damit begehrenswert. So funktioniert jede Werbung, und zwar erfolgreich.

Inwiefern ist Zigarettenwerbung erfolgreich? Kann weniger Werbung, die Menschen auf der Straße oder im Kino sehen, dazu führen, dass weniger Leute anfangen zu rauchen?

So direkt vermutlich nicht. Das Werbeverbot muss man eingebettet in die ganze Tabakkontrollpolitik sehen. Die Staatengemeinschaft ist sich ja einig, dass man Tabak einschränken möchte, dass man es im normalen Alltag nicht mehr sehen möchte.

Man möchte es rausdrängen, was nicht ohne weiteres geht, weil Tabak ein erlaubtes Produkt ist. Aber die Bevölkerung soll ja auch weniger Zucker essen und sich gesund ernähren und Rauchen gefährdet die Gesundheit sehr viel stärker. Darum möchte man Maßnahmen ergreifen, die alle zusammen helfen, dass weniger Personen rauchen. Und da ist das Werbeverbot sicherlich ein wichtiger Bestandteil.

Christoph Kröger. (Foto: privat)
Kröger: Rauchen wird irgendwann uncool seinBild: Privat

Wie wirkt Tabakwerbung, die Zigaretten mit tollen Erlebnissen oder schönen Menschen assoziiert, im Unterbewusstsein von Menschen, die schon Raucher sind? Ist es für diese Menschen einfacher aufzuhören, wenn ihnen nicht überall Zigarettenwerbung begegnet?

Ja. Die positive Assoziation, die immer wieder stabilisiert wird, fände dann seltener statt. Wenn ich als Raucher eine bestimmte Werbung sehe fühle ich mich bestätigt: "Toll, ich bin ein Genießer dieses Produkts, das mit Freiheit, Witz und Kreativität in Verbindung gebracht wird." Wenn das wegfällt, fehlt eine Verbindung zwischen der Zigarette und dem Raucher, die die Sucht verstärkt.

Für den langfristigen gesellschaftlichen Prozess wird es sicherlich einen wesentlichen Unterschied machen, ob man positive Dinge mit Rauchen assoziiert oder ob man das in der Öffentlichkeit nicht mehr sieht.

Ab Mai soll es auch in Deutschland Schockbilder von schwarzen Lungen oder faulenden Zähnen auf Zigarettenpackungen geben. Kann dieser Schritt Menschen davon abhalten, sich zum ersten Mal eine Packung Zigaretten zu kaufen oder langjährige Raucher abschrecken?

Auf diejenigen, die sich regelmäßig Zigaretten kaufen, wird das keinen Einfluss haben. Davon geht man auch nicht aus. Aber präventiv wirkt es vermutlich. Es ist schwer, das genau festzustellen, weil man diese Einzelaktion nicht isolieren kann. Aber Studien im Labor haben gezeigt, dass die Bilder keine positiven Reaktionen bei Nichtrauchern auslösen. Und das ist ja letztendlich das, was erreicht werden soll: Dass Rauchen insgesamt weniger positiv gesehen wird.

Rauchen selber, wenn man anfängt, ist nicht positiv, das muss man ja erst mal lernen. Und wenn es gesellschaftlich nicht mehr mit positiven Dingen assoziiert wird, über eine schöne Verpackung oder über Werbung, wird sich das irgendwann totlaufen. Die Ansätze sieht man ja schon, wenn man schaut, wie wenig Jugendliche noch anfangen zu rauchen. Das ist kein Zufall, sondern eine systematische Reduktion durch Maßnahmen unserer Gesellschaft.

Christoph Kröger ist psychologischer Psychotherapeut. Er leitet das Institut für Therapieforschung Gesundheitsförderung. Zu seinen Fachgebieten gehören auch Tabakentzugsprogramme.

Das Interview führte Carla Bleiker.