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Krasser Absturz - schwerer Aufstieg

13. Januar 2010

Es ist ein historischer Einbruch: Um fünf Prozent ist die deutsche Wirtschaft im vergangenen Jahr geschrumpft. Der Weg aus dem Tal wird hart und steinig, meint Henrik Böhme.

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Henrik Böhme, Wirtschaftsredaktion der Deutschen Welle (Foto: DW)
Henrik Böhme aus der WirtschaftsredaktionBild: DW

Die gute Nachricht zuerst: Die Rezession ist vorbei. Die schlechte Nachricht: Die Krise noch nicht. Als sich vor einem Jahr die ersten Experten aus der Deckung wagten und einen Einbruch der deutschen Volkswirtschaft um fünf Prozent vorhersagten, wurden sie praktisch als Vaterlands-Verräter beschimpft. Und nun ist es genau so gekommen. Minus fünf Prozent weniger Bruttoinlandsprodukt – das ist ein Hammer. Deutschlands Volkswirtschaft ist extrem stark auf den Export ausgerichtet – doch wenn keiner mehr die hochwertigen und teuren Güter "made in germany" kaufen will, dann reißt das die Konjunktur in den Abgrund.

Welches Wachstumsmodell ist besser?

Nun kann man trefflich darüber streiten, was besser ist: Das Modell USA, wo kaufwütige, aber hochverschuldete Verbraucher der Grundpfeiler des Wirtschaftswachstums sind oder das deutsche Export-Modell. Womöglich wäre ein "Best off" beider Modelle kein schlechter Ausweg. Und Wachstum ist ja immer noch möglich, siehe China. Aber das ist wieder ein anderes Modell – es basiert auf einer gigantischen Schar billiger Arbeitskräfte und einer hemmungslosen Vergeudung von Ressourcen. Wachstumsraten, wie sie die Volksrepublik selbst in der Krise noch verzeichnen konnte, waren auch mal in Deutschland zu bestaunen: In den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts – man nannte dies das "deutsche Wirtschaftswunder".

Arbeitsmarkt erstaunlich stabil

Apropos Wunder: Ein solches Wunder ist es allemal, dass die Auswirkungen der dramatischen Krise auf dem Arbeitsmarkt kaum spürbar gewesen sind. Die Zahl der Menschen in Lohn und Brot lag bei über 40 Millionen – und damit auf der Höhe des Boomjahres 2008. Kurzarbeit, Überstundenabbau und andere tarifliche Regelungen haben das Desaster verhindert. Ein solches Desaster allerdings zeichnet sich längst anderswo ab: Denn all die Geldspritzen, die nötig waren, um die Krise nicht noch schlimmer werden zu lassen, sie haben Deutschlands Schuldenberg auf neue Höhen wachsen lassen. Und so hat die Bundesrepublik die berühmte Schuldengrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes schon im vergangenen Jahr wieder überschritten.

Deutschland in der Schuldenfalle

Es ist ein absolutes Dilemma für die Politik: Sie müsste eigentlich dringend sparen. Fängt sie zu früh damit an, dann würgt sie den ganz zarten Aufschwung ab. Fängt sie zu spät damit an, werden die Einschnitte umso härter. Es wird wohl auf die zweite Variante hinauslaufen. Denn auch das haben die Statistiker an diesem schwarzen Mittwoch mitgeteilt: Das zarte konjunkturelle Pflänzchen, das sie noch im Sommer vermelden konnten: Es hat aufgehört zu wachsen. Im vierten Quartal stagnierte die deutsche Wirtschaft – und der harte Winter dürfte auch den Start ins neue Jahr vermiest haben.

So wird klar: Der Weg aus dem tiefen, tiefen Tal: Er wird hart und steinig. Es wird lange dauern, bis die deutsche Wirtschaft wieder das Niveau Boomjahres 2006 erreichen wird. Harte und entbehrungsreiche Jahre stehen bevor. Die Krise ist noch lange nicht vorbei.

Autor: Henrik Böhme
Redaktion: Karl Zawadzky