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Kreativdorf

14. März 2011

Nachwuchskünstler haben es schwer. Meist haben sie noch keinen Erfolg und deshalb auch nicht viel Geld. Doch Kreativität kennt keine Grenzen. Bepackt und gestärkt mit Enthusiasmus zeigen sie, dass es auch anders geht.

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Dustin, Julian und Pablo sind die Kreativköpfe (Foto: DW)
Kreativköpfe: <br>Dustin, Julian und PabloBild: DW

Ein Ort, wo man sich als Künstler frei entfalten kann, wo man in harmonischer Atmosphäre abschaltet und als Ausgleich vom Alltag auch Kraft tanken kann mit guter Musik und gegenseitiger Inspiration. Das war der Herzenswunsch der vier jungen Künstler aus Essen. Pablo, Dustin, Julian und Marcel haben sich zusammengeschlossen, um selbst einen Ort zu etablieren, an dem sie ungestört arbeiten können. Das so genannte Kreativdorf befindet sich in Essen auf dem ehemaligen Industriegelände Zeche Bonifacius, am Rande eines Landschaftsparks.

Oase Zwischen Stahlträgern und Natur

Industriegebäude im Zeche Bonifacius in Essen (Foto: Kuhnle)
Bild: Kuhnle

Auf den ersten Blick mutet das ehemalige Industriegelände nicht gerade heimelig an. Doch für die jungen Künstler ist es zur neuen Arbeitsheimat geworden. Sie selbst nennen sich "Kreativköpfe". Hauptberuflich sind sie Koch und Bühnentechniker und Kaufmann. Eigentlich wollten sie hier ein Tonstudio errichten. Vor drei Jahren entwickelten sich dann aus dieser Idee Ateliers für Maler und Bildhauer, Proberäume für Musiker und Büroflächen für Grafiker, denn das Ruhrgebiet brauchte einen neuen Platz, ein urbanes Dorf. Einen Ort mit Raum und Zeit für Kunst und Kultur, Musik und Produktion, Gestaltung und Entfaltung – das ist die Devise.

Für ihre Kunst ist der Ort nicht das einzig Entscheidende, sondern die Idee und die Leidenschaft, die sie antreibt, hier etwas Spezielles zu erschaffen, sagt Pablo Giuggiollioni. Er ist der künstlerische Leiter des Kreativdorfs. Der gelernte Schreiner hat sein Loft, in dem er wohnt, selbst gebaut und kann hier ungestört sein Schlagzeug spielen. Leben und arbeiten unter einem Dach – das war schon immer sein Traum. Wie in einem richtigen Dorf sollen hier irgendwann einmal viele kreative Künstler in einer großen Gemeinschaft zusammenleben.

Sandstrand trifft Industriekultur

Der Stadtstrand des Kreativdorfs (Foto: Kuhnle)
Abwechslung für die KünstlerBild: Kuhnle

Zu dem Komplex gehört eine 250 Quadratmeter große Halle. Dort sollen Foto- und Kunstausstellungen stattfinden, aber auch Konzerte oder Partys. Im vergangenen Sommer haben die Kreativköpfe hinter dem Gebäude einen künstlichen Sandstrand auf dem Schrottplatz errichtet. So kommen auch Besucher, die sich für Kunst vielleicht sonst nicht interessieren würden, erzählt Julian Kuhnle. Der gelernte Veranstaltungstechniker kümmert sich im Dorf um den reibungslosen Ablauf der stattfindenden Events. Auch als Musiker fallen ihm hier Ideen ein.

Bei spontanen Jamsession-Abenden mit Gitarre, Bass, Cajon und Percussion kommen die Kreativköpfe auf ganz neue Inspirationen und Impulse, die sie auch nach und nach umsetzen, sagt Pablo.

Flashmob: Mut schafft Veränderung

In der Loft von Pablo wird Live-Musik gespielt (Foto: Kuhnle)
Grooven in Jamsessions für neue ImpulseBild: Kuhnle

Doch nur von Musik und Malerei kann man nicht immer alles finanzieren. Anfangs haben die Künstler alles aus der eigenen Tasche bezahlt, und auch der Eigentümer des Grundstücks unterstützte sie mit Baumaterialen. Aber ohne Sponsoren und wenig Geld geht alles nur schleppend voran. Um als junge Kulturträger auf sich aufmerksam zu machen, initiierten sie eine außergewöhnliche Aktion: Zum Kulturhauptstadtjahr 2010 wollten sie ein Zeichen setzen und auf die kreative Szene in Essen aufmerksam machen. Mit einem spontanen Flashmob, der nicht groß angekündigt wurde, haben die Kreativköpfe in der Essener Innenstadt mit DJ-Pult und großen Lautsprechern für Aufmerksamkeit gesorgt.

Sie wollten mit dieser Aktion die Menschen wach rütteln und versuchen, ihnen zu vermitteln, warum sie den Flashmob machen, erklärt Pablo.

Ein Dorf, wo jeder jeden kennt

Für den jungen Koch Dustin ist das Kreativdorf "...die Oase der Kreativität. Du hast ein ganz anderes Klima hier. Du kommst hierher, alles ist grün. Du hast überall was zum Riechen, zum Schmecken. Die ganzen Musiker, die hier rumhüpfen und vielleicht mal am Lagerfeuer Gitarre spielen und sich zusammensetzen. Egal, ob eine Buchautorin, die dann schon wieder eine schöne Idee für ihr Buch hat, oder eine Band, die ein schönes Musikvideo machen will. Ich finde das ist alles hier kreativ genug. Deshalb ist das Kreativdorf wichtig, weil hier jeder super miteinander arbeiten kann."

Egal ob für Maler, Grafiker, Musiker oder Goldschmied. Das Dorf bietet allen eine Plattform: was sie alle verbindet? Der Traum, von der eigenen Kreativität leben zu können. In einer Gemeinschaft, wie in einem kleinen Dorf.

Autorin: Irem Özgökceler
Redaktion: Conny Paul