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Biosprit in der Kritik

Monika Lohmüller7. Juli 2008

Nach Studien von Weltbank und der OECD sind Ökotreibstoffe für die Preisexplosion bei Nahrungsmitteln hauptsächlich verantwortlich. In der Europäischen Union deutet sich ein Kurswechsel an.

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Protestler mit Plakat (13.5.08, Bonn - Deutschland, Quelle: AP)
Biosprit befeuert die Nahrungsmittelkrise: Umweltschützer protestieren vor dem BundesumweltministeriumBild: AP

Die EU denkt offensichtlich angesichts der Rekordpreise für Nahrungsmittel bei der umstrittenen Förderung von Biokraftstoffen um. Die EU-Energieminister wollen den Biosprit-Anteil am Treibstoffverbrauch nun doch nicht auf zehn Prozent bis 2020 steigern. Dies hatte die EU-Kommission vorgeschlagen. Nun sollen mit Strom oder Wasserstoff betriebene Autos zum Einsatz kommen. Mit ein Grund für den Kurswechsel sind Studien, die die Weltbank und die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erstellt haben. Danach hat Biosprit die Lebensmittelpreise deutlich stärker in die Höhe getrieben als bislang angenommen. Laut Weltbank gehen 75 Prozent der Steigerung bei Weizen und Mais auf das Konto des Biospritbooms, das berichtete die britische Zeitung "Guardian".

30 Millionen in Armut

Hände greifen nach einem Stück Brot (18.1.07, Kairo - Ägypten, Quelle: AP)
Hohe Nahrungsmittelpreise führen immer öfter zu ProtestenBild: Getty Images/AFP/K. Desouki

Diese Zahl steht in einem deutlichen Widerspruch zu Annahmen der US-Regierung. Sie sieht lediglich einen Einfluss von maximal drei Prozent. Allerdings haben amerikanische Forscher im Auftrag der weltgrößten Umweltschutzvereinigung The Nature Conservancy eine andere Rechnung aufgemacht: bei der Gewinnung von Flächen für den Anbau von Biospritpflanzen leide nicht nur die Artenvielfalt, sondern es würden auch große Mengen Kohlendioxid aus den Böden in die Atmosphäre gelangen. Dies gelte besonders für den Fall der Brandrodung. Wie hoch die Kohlenstoffschuld ist, hänge vom jeweiligen Ökosystem ab.

Weltweit haben Umweltverbände in der Vergangenheit immer wieder Zweifel an der Biosprit-Produktion angemeldet. Die gestiegene Nachfrage habe in den vergangenen Jahren 30 Millionen Menschen in die Armut getrieben, schätzt beispielsweise die britische Umweltgruppe Oxfam in einem neuen Bericht. Bei weiteren 100 Millionen Menschen sei die Lebensgrundlage durch die Nachfrage nach Benzinersatz aus Pflanzenprodukten bedroht.

Kurswechsel in Deutschland

In ihrem Report "Noch eine unbequeme Wahrheit", den die Organisation in der vergangenen Woche in Oxford veröffentlicht hat, begründet sie ihre Schätzungen mit der globalen Nahrungsmittelkrise. Viele Menschen, die schon früher 50 bis 80 Prozent ihres Einkommens für Lebensmittel ausgeben mussten, könnten die annähernde Verdopplung der Preise in den vergangenen drei Jahren nicht verkraften, schreibt Oxfam. Laut Weltbank sind darum 100 Millionen Menschen in die Armut gerutscht.

Die Kritik der Weltbank an der Biosprit-Produktion ist deutlich: Pflanzen für Biosprit würden in Konkurrenz zu Nahrungsmitteln produziert, heißt es, oft in Monokulturen und teilweise unter Abholzung des Regenwaldes. Auch die Europäische Energieagentur EEA, die die EU-Kommission berät, hatte Brüssel schon im April dieses Jahres aufgefordert, das Biospritziel aufzugeben. Und auch Deutschland distanziert sich von der anvisierten Biosprit-Quote. Berlin arbeite an einer neuen Strategie, heißt es.

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