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Presse jetzt auch im Visier der Armee

31. März 2016

Die türkischen Streitkräfte haben Berichten über einen geplanten Putsch gegen Staatspräsident Erdogan widersprochen. Gegen die Urheber habe man bereits rechtliche Schritte eingeleitet.

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Präsident Erdogan und Spezialkräfte (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/Presidential Palace/K. Ozer

Man gehe gegen Printmedien wegen der "Schädigung der Moral der Truppe" vor, heißt es in einer auf der eigenen Internetseite veröffentlichten Ankündigung der Armee. Welche Medien gemeint sind und welche Berichte mit welchen Inhalten die Moral der Soldaten negativ beeinflussen sollen, wird allerdings nicht erklärt. Die Zeitung "Hurriyet" berichtet, das Militär beziehe sich auf Anspielungen, dem im US-Exil lebenden Prediger und Erdogan-Gegner Fethullah Gülen ergebene Soldaten bereiteten einen Putsch vor.

Die Militärspitze betont in der Pressemitteilung, treu zur demokratischen Ordnung zu stehen. Die Armee hatte 1960, 1971 und 1980 die jeweilige Regierung gestürzt. 1997 drängte sie die erste konservativ-islamische Regierung aus dem Amt. Von "illegalen Aktionen außerhalb der Kommandostrukturen" könne nicht die Rede sein, heißt es nun in der Pressemitteilung.

Prozess gegen Journalisten geht ohne Beobachter weiter

Der Vorstoß des Militärs gegen die Medien folgt ähnlichen Maßnahmen von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, der ein Gülen nahestehendes Blatt unter staatliche Aufsicht stellen ließ. Zuletzt hatte sich Erdogan über die Präsenz ausländischer Diplomaten beim Prozess gegen zwei Redakteure der Zeitung "Cumhuriyet" beschwert, was zu diplomatischen Verwicklungen führte.

Das Verfahren gegen Can Dündar und Erdem Gül soll am Freitag in Istanbul fortgesetzt werden - unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Es seien keine Beobachter zugelassen, sagte der Anwalt der Journalisten der Deutschen Presse-Agentur. Lediglich die Verteidiger, Zeugen und nahe Verwandten der Angeklagten dürften teilnehmen. Die Organisation Reporter ohne Grenzen den Prozess erneut:

Erdogan wird "Mitarbeiter des Monats"

Auch der Norddeutsche Rundfunk (NDR) erinnerte im Zusammenhang mit der Empörung der Regierung in Ankara über einen Beitrag im NDR-Satire-Magazin "extra 3" an die Lage für Journalisten in der Türkei. Die Freude über diese Werbung für die Sendung werde "getrübt angesichts der aktuellen Situation vieler Journalisten-Kolleginnen und Kollegen in der Türkei", sagte der Fernseh-Chefredakteur des NDR, Andreas Cichowicz.

Ausgelöst hatte die Affäre das Lied "Erdowie, Erdowo, Erdogan", in dem sich "extra 3" über den türkischen Staatspräsidenten und dessen Umgang mit Pressefreiheit lustig macht.

Nach NDR-Angaben wurde das Video inzwischen mehr als 4,5 Millionen Mal abgerufen, die neueste Ausgabe der Satire-Show erzielte eine Rekord-Einschaltquote. In dieser Sendung legte "extra 3" noch einmal nach und kürte Präsident Erdogan zum "Mitarbeiter des Monats". Außerdem kritisierte der Moderator die zunächst zurückhaltende Redaktion der Bundesregierung in dem Fall: Wer Kritik hören wolle, müsse seine TV-Sendung schauen, wer keine Kritik hören wolle, mit Bundeskanzlerin Angela Merkel sprechen.

bor/wl (reuters, afp, dpa, epd)