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Kuba will grün werden - mit deutscher Hilfe

Andreas Knobloch
2. Dezember 2018

Kuba setzt künftig auf grüne Energie. Zwei deutsche Mittelständler planen ein Biomasseheizkraftwerk auf der Karibikinsel. Das Konzept klingt stimmig, aber es gibt noch einen Haken.

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Kuba Energieprojekt - Zuckermühle
Mit den Abfällen aus kubanischen Zuckermühlen soll bald Strom erzeugt werdenBild: Prolignis

Aus landwirtschaftlichen Abfällen grünen Strom erzeugen, neue Jobs schaffen und eine lokale Pflanzenplage bekämpfen - es klingt fast schon zu gut, wenn Wolfgang Krug von dem geplanten Energieprojekt auf Kuba erzählt.

Krug ist Geschäftsführer der Prolignis AG aus Ingolstadt, einer Projektentwicklungsgesellschaft für erneuerbare Energien. Zusammen mit dem Maschinenbauer LAWI Engineering aus Kiel hat der das Konsortium EnerCu gegründet, um ein CO2-neutrales Biomasse-Heizkraftwerk in der Provinz Cienfuegos bauen.

Auf Kuba ist in den letzten Jahren systematisch im Bereich erneuerbare Energien investiert worden. Mehrere Windparks und Solaranlagen sind entstanden. Insbesondere aber die Zuckerrohr-Industrie produziert Tonnen von organischen Abfallstoffen, also Biomasse, die energetisch genutzt werden kann.

Strom aus Bio-Abfall

"Schon heute wird Strom und Dampf für Zuckermühlen aus Bagasse genutzt", sagt Krug. Als Bagasse bezeichnet man die faserige Masse, die nach dem Auspressen des Saftes aus dem Zuckerrohr übrig bleibt. "Aber die alten Kessel laufen nur während der sechsmonatigen Erntezeit. In der Nicht-Erntezeit stehen die Kessel still."

Das will EnerCu ändern. Neben Zuckerrohrabfällen soll Marabú, eine nicht heimische Strauchart, die knapp 18 Prozent des kubanischen Territoriums bedeckt und auf der Insel bereits als Plage gilt, als zusätzlicher Brennstoff verwendet werden, um die Anlage ganzjährig zu nutzen.

Kuba Energieprojekt - Marabou Strauch
Der Marabú-Strauch gilt auf Kuba als Plage, könnte aber bald schon Energielieferant werdenBild: Prolignis

Der überschüssige Strom soll ins öffentliche Netz eingespeist werden. "Unser Kraftwerk kann ein paar zehntausend Haushalte mit Strom versorgen", sagt Krug. "Und das ganzjährig." Etwas, das Kuba dringend benötige.

Aktuell basiert die kubanische Stromerzeugung insbesondere auf Ölimporten aus Venezuela. Doch die sind aufgrund der wirtschaftlichen Krise in Venezuela eingebrochen. Seit Jahren versucht Kuba, über Energiesparprogramme seinen Energiebedarf zu drosseln und die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu verringern.

Unabhängigkeit ist Kubas Ziel

Die Regierung hat die Energieunabhängigkeit als eine der Prioritäten des Landes bezeichnet; bis 2030 will Kuba den Anteil erneuerbarer Energien von derzeit vier auf 24 Prozent erhöhen. Davon wiederum sollen knapp 60 Prozent aus Biomasse gewonnen werden. Aus diesem Grund plant die Regierung, insgesamt rund 20 neue Biomasse-Heizkraftwerke in direkter Nachbarschaft zu Zuckermühlen zu errichten.

Und hier kommt Krug mit seinem Konzept ins Spiel. Das Geschäftsmodell ist einfach: Die kubanische Regierung stellt alte Zuckkerrohrflächen, die heute mit Marabú überwuchert sind, sowie die Konzession zur Abholzung und die Zuckerbagasse zur Verfügung; die deutschen Mittelständler Technologie und Investitionen.

Dafür erhalten sie später einen festen Tarif für den eingespeisten Strom. "Ein fairer Deal von den Kubanern", findet Krug. In Brasilien, wo Prolignis auch aktiv ist, wird der Preis über ein Auktionsverfahren ständig neu bestimmt. Ein fester Tarif erhöhe natürlich die Planungssicherheit, sagt Krug. "Die Zuckermühle braucht uns, wir brauchen die Zuckermühle."

Kuba Energieprojekt - Wolfgang Krug
Wolfgang Krug, Geschäftsführer der Prolignis AGBild: Prolignis

Große Konzerne wie Gamesa aus Spanien oder Siemens hatten in der Vergangenheit Interesse an Kubas Energiesektor gezeigt. Vor zwei Jahren unterzeichnete Gamesa einen Vertrag über den Bau von sieben Windkraftanlagen und Siemens verhandelte mit der kubanischen Regierung über den Ausbau des maroden Stromnetzes. Auch der Bau eines Gaskraftwerkes mit dem Energieunternehmen Total aus Frankreich ist im Gespräch.

Ein erstes Biomasse-Kraftwerk eines schottisch-chinesisch-kubanischen Joint-Ventures (Biopower) geht demnächst in Ciro Redondo in der Provinz Ciego de Ávila ans Netz. Nicht selten aber bleiben die Projekte in der Entwicklungsphase stecken.

Zahlreiche Hürden

Das hat mit den oft schwierigen Finanzierungsbedingungen zu tun. Seit fast sechzig Jahren leidet Kuba unter der Wirtschafts-, Finanz- und Handelsblockade durch die USA. Deren Bestimmungen betreffen auch Drittstaaten und lassen potentielle Investoren vorsichtig agieren.

Kuba selbst steckt in Zahlungsschwierigkeiten, von deutscher Seite wiederum fehlt es an öffentlicher Entwicklungsfinanzierung. Eine Erhöhung der Höchstgrenzen, bis zu denen der Kreditversicherer Euler Hermes im Auftrag des deutschen Staates Geschäfte absichern darf, sei in diesem Jahr zweimal an Zahlungsverzögerungen auf kubanischer Seite gescheitert, wie Gunther Neubert, Repräsentant des Deutschen Büros zur Förderung von Handel und Investitionen auf Kuba, in einem Gespräch verriet. Man hoffe auf eine baldige merkliche Erhöhung, "um gerade mittleren und kleinen Unternehmen die Chance für den Einstieg in das Kuba-Geschäft zu ermöglichen."

Ein Herausforderung, vor der auch Krug und seine Partner stehen: Rund 70 Millionen US-Dollar Investitionssumme benötigen sie für die Projektrealisierung. "Derzeit verhandeln wir mit Investoren weltweit, um Geldgeber für dieses attraktive, grüne Projekt ins Boot zu holen."

Warum, trotz aller Hindernisse, ausgerechnet Kuba? "Es ist ein intelligenter Plan, der auf einem fairen Tauschgeschäft basiert", erklärt Krug. "Hinzu kommt der Reiz des Anderen."

Als kleines Unternehmen suche man Nischen - dort, wo die Großen nicht hingehen. Und Kuba sei ein ganz besonderer Nischenmarkt und eine Herausforderung. "Hier dauert alles etwas länger, aber unser Projekt könnte sofort umgesetzt werden." Um an diesen Punkt zu kommen, hat Krug jahrelang in Havanna Klinken geputzt.