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Kulturkrise in Griechenland?

7. April 2010

Seit Wochen macht Griechland international Schlagzeilen. Der Staat ist pleite, das Land muss sparen. Was das für die griechische Kultur heißt, darüber haben wir mit dem Journalisten Stephanos Georgakopoulos gesprochen.

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Die Akropolis in Athen (Foto: picture-alliance/dpa)
Die Akropolis in AthenBild: picture-alliance / dpa

DW-WORLD: Herr Georgakopoulos, die Krise in Griechenland ist in aller Munde. Welche Auswirkungen hat die schwierige finanzielle Lage auf das Kulturleben?

Stephanos Georgakopoulos: Es ist wahrscheinlich noch ein bisschen zu früh, um darüber zu sprechen. Aber Fakt ist, dass alle Ministerien nach einer Entscheidung der Regierung ungefähr zehn Prozent ihres Haushaltes gekürzt bekommen haben.

Und das, obwohl der Haushalt ja ohnehin extrem gering ist…

Stimmt. Aber Kultur und Tourismus gehören zu den Prioritäten der griechischen Regierung. Daran ändert in absehbarer Zeit auch die derzeitige Krise der griechischen Wirtschaft nichts. Es gibt also keine negativen Konsequenzen.

Die Kürzung des Etats - bezieht sich das in gleicher Weise auf Museen, Theater und Bibliotheken? Oder gibt es da Unterschiede?

Stephan Georgakopoulos (Foto: DW)
Stephanos GeorgakopoulosBild: DW

Da gibt es sicherlich Unterschiede, aber ich denke mir, dass diese zehn Prozent eigentlich keinen großen Unterschied machen. Gerade weil Kultur Priorität hat für die Regierung, trotz der Finanzkrise. Das heißt, Museen und Theater werden weiter finanziert. Auch beschlossene Projekte wie die Athener Oper – Athen hat bislang noch kein Opernhaus – werden weiter gebaut. Oder das Akropolis-Museum, das vor einigen Monaten fertig gestellt worden ist – auch das wird weiter finanziert. Dasselbe gilt für wichtige antike Stätten in Athen.

Die Kürzungen halten sich also in Grenzen, weil der Tourismus eine so wichtige Rolle spielt in Griechenland?

Sicherlich. Die Regierung Papandreou hat die zwei Ressorts Tourismus und Kultur zusammengelegt, weil das die Prioritäten des Staates sind. Denn man darf nicht vergessen: Griechenland ist kein Industrieland. Es wird praktisch nichts produziert. Das Einzige, was wir Griechen haben und was für viele in der Welt von Interesse ist, sind Kultur und Tourismus.

Das heißt wir müssen uns unterm Strich keine Sorgen machen um Akropolis und Co?

Da wird sich überhaupt nichts ändern. Im Gegenteil, da die neue Regierung auf Tourismus und Kultur setzt, denke ich, dass viele Dinge – das ist zumindest geplant – verbessert werden, damit wir als Land so viele Touristen wie möglich anziehen können.

Die Finanzkrise ist vor allem als ökonomische Krise im Gespräch. Hat sie auch gesellschaftliche Auswirkungen?

Wir befürchten in der nächsten Zeit einen Anstieg der Arbeitslosigkeit. Das wird eine Konsequenz der Finanzkrise sein, denn der Staat muss sparen. Welche Form das genau annimmt, wird sich noch zeigen. Es ist noch zu früh, um zu sagen, wo genau der Staat ansetzt. Aber in der Gesellschaft wird sich sicherlich Einiges verändern. Was man auf jeden Fall jetzt schon sagen kann, ist, dass es für einen großen Teil der griechischen Gesellschaft eine seelische Belastung ist. Die Menschen wissen, dass die finanziellen Möglichkeiten des Staates begrenzt sind. Viele Analysten haben diese Krise kommen sehen - vielleicht nicht in diesem Ausmaß -, aber ich glaube der größte Teil der Bevölkerung dachte, es wird noch mal gut gehen. Die meisten Griechen wussten, dass der Staat zwei Euro Einnahmen hatte und fünf Euro Ausgaben. Sie wussten, dass es nicht ewig so weitergehen konnte. Aber fast niemand konnte sich vorstellen, welche Ausmaße die Finanzkrise für Griechenland haben würde.

Das Interview führte Petra Nicklis

Redaktion: Petra Lambeck