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Politik

Kurden setzen Kampf gegen IS in Syrien aus

17. Oktober 2019

Die Kurden in Nordsyrien waren enge Verbündete des Westens im Kampf gegen den IS. Das ist seit der türkischen Offensive unmöglich geworden. Nun steigt die Angst vor einem Wiedererstarken der Terrormiliz.

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Syrien Kampf gegen den IS - SDF Soldaten in Baghuz
Kurdische Kämpfer bekämpften am Boden den sogenannten Islamischen Staat (Archivbild)Bild: picture-alliance/AP Photo/F. Dana

Der Kommandeur der von Kurden angeführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), Maslum Abdi, erklärte, nun sei der Fall eingetreten, vor dem die SDF im Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) immer gewarnt hatte. "Wir haben in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass der Kampf gegen den IS im Fall eines Angriffs des türkischen Staates für uns zur Nebensache wird", zitierte die kurdische Nachrichtenagentur Firat Abdi. "Wir haben all unsere Aktivitäten gegen den IS eingefroren", sagte Abdi dem kurdischen Fernsehsender Ronahi.

Der IS habe sich an vielen Orten neu organisiert, erklärte Abdi weiter. An vielen Orten sei es zu Anschlägen und Explosionen gekommen. Der SDF-Kommandeur wies Spekulationen zurück, nach denen sich die Türkei später mit den inhaftierten IS-Gefangenen befassen werde. "Die Option ist für uns inakzeptabel", sagte Abdi. "Über das Schicksal der inhaftierten IS-Banden und ihrer Angehörigen entscheiden wir."

Destabilisierung der Region 

Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte im Bundestag Sorge um die Erfolge im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz, die "wesentlich" durch den Einsatz kurdischer Kampfverbände erreicht worden seien. Der Einmarsch der Türkei und ihr Vorgehen gegen die Kurden könnten diese Erfolge "zunichte machen", warnte Merkel. Eine besondere Gefahr sei, dass gefangene IS-Kämpfer, die derzeit noch von Kurden festgehalten werden, freikommen könnten. Merkel warf der Türkei eine Destabilisierung in Nordsyrien vor.

Der IS meldete unterdessen über den Kurzmitteilungsdienst Telegram, dass mehrere Frauen aus kurdischer Haft in Syrien "befreit" worden seien. IS-Kämpfer hätten ein Hauptquartier der kurdischen Sicherheitskräfte westlich von Raka gestürmt und von den Kurden "entführte muslimische Frauen befreit". Ob es Frauen von Kämpfern oder IS-Mitglieder waren, blieb offen.

Lesen Sie auch: UN-Sicherheitsrat warnt vor Gefahren durch freigesetzte IS-Kämpfer

Bei einem Treffen mit führenden Demokraten sagte US-Präsident Donald Trump nach Angaben aus Demokratenkreisen, weniger als hundert IS-Kämpfer seien nach Beginn der türkischen Offensive aus den Gefängnissen in den Kurdengebieten geflohen. Es handle sich dabei um die am wenigsten gefährlichen unter den Gefangenen, habe Trump erklärt. Verteidigungsminister Mark Esper habe zwar die Zahl bestätigt, sich aber nicht darauf festgelegt, dass die ungefährlichsten Häftlinge entkommen seien. In Ankara sind US-Vize-Präsident Mike Pence und US-Außenminister Mike Pompeo am heutigen Donnerstag mit Erdogan zusammengekommen, um ihn zu einem Stopp der Militäroffensive zu drängen.

Kurden in den USA

Irak als Lösung?

In Bagdad diskutiert unterdessen der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian mit der irakischen Regierung über die mögliche Überstellung in Syrien inhaftierter ausländischer IS-Kämpfer an den Irak. Dabei sollten Möglichkeiten erörtert werden, die IS-Kämpfer im Irak vor Gericht zu stellen, erklärte Le Drian. Der Minister trifft sich mit seinem irakischen Kollegen Mohammed Ali al-Hakim, Präsident Barham Saleh und Ministerpräsident Adel Abdel Mahdi.

Syrien al-Hol camp IS-Angeghörige
In Nordsyrien waren Tausende IS-Kämpfer und deren Familien eingesperrt (Archivbild aus dem Flüchtlingslager Al-Hol)Bild: Getty Images/AFP/D. Souleiman

Rund 12.000 IS-Kämpfer sitzen nach Angaben des SDF-Kommandeurs Abdi in Nordsyrien in kurdischen Gefängnissen. Die von den USA angeführte Anti-IS-Koalition schätzte die Zahl der IS-Angehörigen in Syrien und im Irak im Juni noch auf 14.000 bis 18.000 Personen. Bis zu 3000 der Gefangenen sind Ausländer, darunter auch rund 60 französische Staatsangehörige. Angesichts der türkischen Militäroffensive in Nordsyrien besteht international die Befürchtung, dass tausende IS-Kämpfer und ihre Angehörigen aus kurdischer Haft fliehen könnten. Bereits in den vergangenen Tagen gab es Berichte über geflohene Gefangene, die der Dschihadistenmiliz nahestehen.

Die Türkei hatte trotz internationaler Warnungen am 9. Oktober ihre Offensive gestartet, nachdem die USA mit dem Abzug ihrer Truppen aus Nordsyrien den Weg für eine türkische Invasion freigemacht hatten. Trotz internationaler Kritik auch aus Washington kämpft die türkische Armee im Nachbarland gegen die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG), die sie als "Terrororganisation" einstuft. Für die USA und andere westliche Staaten war die Kurdenmiliz hingegen jahrelang ein wichtiger Verbündeter im Kampf gegen die IS-Miliz. 

lh/se (dpa, rtr, afp)