1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Einkaufen in China

Janis Vougioukas9. April 2007

Vor sechs Jahren bin ich zum Studium nach Peking gekommen. Zumindest damals gab es viele Widrigkeiten im Alltag. China war halt noch ein ganz anderes Land. Und heute?

https://p.dw.com/p/AE2D

Bei meinem Umzug, wohl gemerkt: vor sechs Jahren, konnte ich nur das mitnehmen, was in meine zwei Koffer passte. Nach einem Monat war mein einziger mitgebrachter Deoroller leer. Ich kann mich noch erinnern, wie ich mit zwei französischen Freunden auf dem Fahrrad einen ganzen Tag lang zu jedem Supermarkt im Stadtviertel gefahren bin, um Ersatz zu finden. Es gab in China einfach keine Deoroller. Und nicht nur das gab es nicht: Ein Zugereister aus dem Westen musste die einfachsten Gebrauchsgegenstände in den Supermärkten suchen wie Raritäten.

Heute, wo sowieso fast alles in China hergestellt wird, ist Einkaufen hier zur schönsten Freizeitbeschäftigung geworden. Das wiederum ist im Westen noch nicht überall bekannt. Ich bekomme oft Mails, teilweise von alten, längst vergessenen Freunden aus der Grundschulzeit. Und alle fangen ungefähr an: "Wir saßen früher im Musikunterricht nebeneinander. Ich habe gehört, dass du in Schanghai wohnst. Kann ich dich dann und dann besuchen?“ Alle wollen nach Schanghai.

Schlangenschnaps und Raubkopien

Ich freue mich natürlich darüber. Aber wenn ich meine neuen alten Freunde ärgern möchte, antworte ich: "Natürlich erinnere ich mich, gerne kannst du mich besuchen! Ein Tipp vor der Reise: Nimm genug Klopapier mit, wenn du keine alten Zeitungen benutzen willst. Klopapier findet man hier in keinem Geschäft.“ Das ist die größte Lüge, die ich mir je ausgedacht habe.

In keiner Stadt der Welt kann man besser einkaufen! Es gibt Anzüge vom Schneider (ab 50 Euro), maßgefertigte Schuhe aus Krokodilleder (ab 80 Euro) oder grell verzierte Chinahandys mit Zierdiamanten. An jedem Kiosk findet man tolle Mitbringsel wie Schnapsflaschen mit eingelegten Schlangenkadavern - kein Andenken macht bei Fußballfreunden mehr Eindruck. Es gibt antike Möbel, fremdartige Gewürze und an jeder Straßenecke die neuesten Hollywoodfilme als Raubkopie auf DVD für 70 Cent.

Supermärkte - 24 Stunden geöffnet

Klopapier gibt es parfümiert und mehrlagig in allen Supermärkten, die hier übrigens rund um die Uhr geöffnet haben. Dort entdeckte ich neulich neben der Kasse ein Kondomregal. Es gab verschiedene Geschmackssorten, unter anderem "Grüner Tee“, "Mango“ und zu meiner Verblüffung sogar eine Packung mit der Geschmacksrichtung "Normal“. Seitdem ich mehr Maßanzüge habe, als ich je tragen werde, jage ich bei meinen Shoppingtouren nach den kleinen Schätzen der chinesischen Produktwunderwelt.

Als einer meiner Besucher neulich im Wohnzimmer seinen Koffer öffnete, holte er tatsächlich stolz eine Familienpackung Klorollen hervor. Man weiß in Deutschland immer noch sehr wenig über China. Ich werde das ausprobieren. Meinem nächsten Besucher werde ich daran erinnern, bloß genug Reis mitzubringen. Ich werde berichten …