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Nexus, grüne Wirtschaft Bonn UN Rio

16. November 2011

2030 werden über acht Milliarden Menschen auf der Erde leben, doch Wasser, Energie und Nahrungsmittel sind begrenzt. Die deutsche Regierung will ein globales Umdenken und eine nachhaltige, grüne Wirtschaft fördern.

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Mann trinkt Wasser von einer mobilen Wasserstation (Foto: Autarcon)
Sauberes Trinkwasser im zentralbrasilianischen Dorf Porto Velho mit Hilfe von SolarenergieBild: Autarcon

Die Erkenntnis, dass wir im Umgang mit den immer knapper werdenden Ressourcen umdenken müssen, ist nicht neu. 40 Jahre sind vergangen, seit der "Club of Rome" seinen Bericht "Grenzen des Wachstums" veröffentlichte und dem grenzenlosen materiellen Wachstum eine Absage erteilte. Vor fast 25 Jahren wurde der Brundtlandbericht "Unsere gemeinsame Zukunft" von der UN veröffentlicht und vor 20 Jahren, in Rio 1992, der lange Prozess eingeleitet, der zu einer nachhaltigen Umwelt- und Wirtschaftsentwicklung führen soll. Zum ersten Mal einigten sich damals die UN-Mitglieder auf ein gemeinsames Aktionsprogramm, die sogenannte Agenda 21.

Vernetztes Denken erforderlich

Mann hält LED-Lampe in einer Hütte in die Höhe (Foto: Stiftung Solarenergie / York Ditfurth)
Solarmodul liefert Strom für LED-Lampe in äthiopischer HütteBild: Stiftung Solarenergie

Im nächsten Juni soll in Rio ein Update für die Ziele von 1992 vorgenommen werden – mit dem sogenannten Rio + 20 Gipfel, einer UN-Konferenz für nachhaltige Entwicklung. Dabei wird der Zusammenhang zwischen Wasser, Ernährung und Energie entscheidend für die zukünftige Entwicklung sein, so die Bundesregierung. Mit der Nexus-Konferenz in Bonn, die von Mittwoch (16.11.2011) bis Freitag stattfindet, will Deutschland einen wesentlichen Beitrag zur UN-Konferenz im nächsten Sommer leisten. Das lateinische Wort Nexus heißt Verknüpfung und wurde als Konferenzname gewählt, weil mit der Konferenz das vernetzte Denken global gefördert werden soll.

Wende zur Nachhaltigkeit

Mit der Konferenz in Bonn will die Bundesregierung den globalen Dialog über die Wende zu einer nachhaltigen Wirtschaft voranbringen. Mit dem Fokus auf die Grundbedürfnisse für Wasser-, Ernährungs- und Energiesicherheit wird klar, dass das Verstehen der Wechselbeziehungen zwischen den drei Sektoren entscheidend sein wird, wenn eine globale, grüne Wirtschaft entstehen soll.

Achim Steiner, Chef des UN-Umweltprogramms UNEP, freut sich über die deutsche Initiative: "Bundeskanzlerin Merkel hat ein sehr ambitioniertes Agenda für Rio signalisiert und sie sieht Deutschland als einer der Hauptakteure. Ich denke, Deutschland hat längst gesehen, dass die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung auf globaler Ebene auch im eigenen Interesse ist."

Vorreiter Deutschland

Solar-Module im Energielandschaftspark im Eifeldorf Morbach (Foto
Erneuerbare Energien boomen in DeutschlandBild: DW/Martin

Deutschland ist als Gastgeber für diese Vorbereitungs-Konferenz bestens gerüstet. Die Bundesregierung weckt weltweit Aufsehen mit dem Ausstieg aus der Atomenergie nach der Fukushima-Katastrophe. Das Wassermanagement in Deutschland gilt seit Jahrzehnten als vorbildlich und Deutschland investiert viel in die Forschung und Entwicklung der internationalen Agrarwirtschaft.

Deutschland hat auf vielen Gebieten bereits gezeigt, dass der Weg in eine nachhaltige Wirtschaft geht, betont der UNEP-Chef Achim Steiner: "Vor zehn Jahren hätten die Experten gelacht, wenn jemand gesagt hätte, dass die zweitgrößte Exportwirtschaft der Welt nicht nur konkurrenzfähig sein wird, sondern auch alle anderen Länder Europas wirtschaftlich überholen würde. Jetzt geht Deutschland den nächsten Schritt, indem es eins der ambitioniertesten Industrie- und Wirtschaftsprogramme für den Wechsel ins Leben gerufen hat und grundsätzlich die Ära der Atomenergie beendet."

Mehr Wohlstand mit weniger Energie

Zum ambitionierten Programm der deutschen Energiewende gehören nicht nur die Erneuerbaren Energien, sondern Ressourcen-Sschonung, Energiesparmaßnahmen und Energieeffizienz. So kann allein in Gebäuden unter anderem durch Wärmedämmung mit einfachen Maßnahmen schon heute rund 80 Prozent der Energie eingespart werden. "Wir müssen nicht unbedingt mehr Energie produzieren, sondern einfach den gleichen Wohlstand mit immer weniger Energie realisieren", betont Dirk Messner, Direktor des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik in Bonn und gleichzeitig stellvertretender Vorsitzenden der umweltwissenschaftlichen Expertenkommission der Bundesregierung. In einem Bericht Anfang des Jahres rechneten die Wissenschaftler des Beirats Globale Umweltveränderungen vor, dass die Umstellung technisch und wirtschaftlich weltweit möglich ist.

Globale grüne Wirtschaft

Handy im Müll (Foto: DW)
Zu Schade für den Müll: Rohstoffe müssen recycelt werden.Bild: DW

Mit der internationalen Konferenz in Bonn möchte die Bundesregierung jedoch vor allem betonen, dass eine grüne Wirtschaft nur global möglich ist, und dass es um mehr als nur Energie geht. Es muss eine generelle Rohstoffwende eingeleitet werden, um die wachsende Weltbevölkerung im 21. Jahrhundert zu ernähren. Dabei spielen nachwachsende Rohstoffe und Recycling eine immer größere Rolle.

Auch wenn es um Recycling geht, gehört Deutschland international zu den Vorreitern. Bereits 1990 führte Deutschland ein umfassendes Recyclingsystem für Verpackungsabfälle ein, um Recycling voranzutreiben und Abfall zu vermeiden. Mittlerweile, so ein Bericht der deutschen Abfallwirtschaft, werden 88 Prozent des anfallenden Papiers, 87 Prozent des Glases, 72 Prozent des Metalls und 67 Prozent der Kunststoffe wiederverwendet. Insgesamt spart die deutsche Wirtschaft über 3,5 Milliarden Euro im Jahr durch die Rohstoffgewinnung aus Altmaterialien.

Knappe Ressourcen

Doch auch Recycling kostet Energie und Wasser und bei den nachwachsenden Rohstoffen ist die Abwägung zwischen Nahrung und Industrierohstoffe ein schwieriger Balanceakt. Wenn zum Beispiel Pflanzen für Agrarkraftstoff angebaut werden, gehen wertvolle Ackerböden und knappe Wasserressourcen für die Nahrungsproduktion verloren.

Bereits heute haben 900 Millionen Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, eine Milliarde hungern, 1,6 Milliarden haben keinen Zugang zur Elektrizität. Wasser, fossile Energien und Nahrung werden knapp und der Klimawandel erfordert ein Umdenken und Lösungsansätze. Mit der Nexus-Konferenz will die deutsche Regierung Lösungsansätze skizzieren und Politikempfehlungen für die im nächsten Jahr stattfindenden Rio +20 Konferenz vorstellen.

Montage von Sonnenkollektoren in Marrakesch (Foto: ITRI)
Auch in Marrakesch zählt die Montage von Sonnenkollektoren zum AlltagBild: ITRI

Wende zur Nachhaltigkeit

Nach UNEP-Chef Achim Steiner hat Deutschland bereits gezeigt, wie die Ansätze auch umgesetzt werden können: "Deutschland gehört eindeutig zu den Pionieren und Katalysatoren in zwei Hinsichten. Zum einen in der Art, wie Deutschland versucht, Antworten auf die Frage zu finden, wie eine ökologische oder nachhaltigere Wirtschaft in vielen Sektoren möglich werden kann. Und zum zweiten hat Deutschland im Bereich Biodiversität, Landwirtschaft und Energie eine sehr progressive Politik geführt."

An der dreitägigen Konferenz in Bonn werden bis zum 18. November 2011 500 hochrangige Teilnehmer aus aller Welt teilnehmen. Es sind Entscheidungsträger und Fachkräfte aus Politik, Wissenschaft, Vereinten Nationen, Zivilgesellschaft und Wirtschaft.

Autorin: Helle Jeppesen
Redaktion: Gero Rueter