1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Konflikte

Lage in Aleppo trotz Waffenruhe weiter prekär

9. Dezember 2016

Nach russischen Angaben wurden 8000 Zivilisten aus der umkämpften syrischen Stadt in Sicherheit gebracht. Die USA können das nicht bestätigen. Sorgen bereitet die Nachricht über Hunderte vermisste Männer.

https://p.dw.com/p/2U0CD
Syrien syrischer Soldat mit Flagge
Bild: picture-alliance/AP Photo/H. Ammar

Das russische Militär teilte am Freitag mit, es habe in den vergangenen 24 Stunden mehr als 8000 Menschen bei ihrer Flucht aus dem von Rebellen gehaltenen Ostteil Aleppos geholfen. Darunter seien 3000 Kinder gewesen. Zudem hätten sich 14 Aufständische den syrischen Regierungstruppen ergeben, ihre Waffen niedergelegt und seien in den von syrischen Soldaten kontrollierten Westen der Stadt übergelaufen. Sie seien umgehend begnadigt worden.

Dieser Darstellung widersprach ein Sprecher der Rebellengruppe Nur al-Din al-Sinki, Jassir: In den vergangenen 24 Stunden habe niemand die umkämpften Gebiete im Osten Aleppos verlassen.

Verstörende Berichte

Nach Informationen des Büros für Menschenrechte der Vereinten Nationen haben Oppositionsgruppen wiederholt Zivilisten daran gehindert, Ost-Aleppo zu verlassen und so den heranrückenden Regierungstruppen zu entkommen. "Einige der Zivilisten wurden von bewaffneten Rebellen an der Flucht gehindert", bestätigte UN-Menschenrechtssprecher Rupert Colville in Genf.

"Beunruhigend" seien auch Hinweise auf das Verschwinden von mehreren Hundert Männern, nachdem sie in Gebiete gewechselt waren, die von Regierungstruppen kontrolliert werden. "Vor dem Hintergrund der Berichte über willkürliche Bestrafungen, Folter und das Verschwinden von Menschen sind wir natürlich zutiefst besorgt", sagte Colville.

Eine Stadt blutet aus

Schätzungen gehen davon aus, dass noch mehr als 100.000 Zivilisten in den "immer kleiner werdenden" Gebieten der Stadt ausharren, die von Rebellen gehalten werden. Von den insgesamt rund 100.000 Menschen, die in den vergangenen Tagen den umkämpften Osten Aleppos verlassen haben, sind nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte 70.000 in den von Regierungstruppen besetzten Westteil der Stadt geflohen. 30.000 haben demnach Zuflucht in Stadtvierteln unter der Kontrolle kurdischer Einheiten gefunden.

Trotz der von Russlands Außenminister Sergej Lawrow beim OSZE-Ministertreffen in Hamburg angekündigten Waffenruhe gehen die Gefechte in Aleppo offenbar weiter. Sowohl die Beobachtungsstelle für Menschenrechte als auch Reporter mehrerer Nachrichtenagenturen bestätigten, dass zwar keine Luftangriffe mehr geflogen würden, berichteten jedoch über anhaltenden Gefechtslärm und Artilleriebeschuss während der vergangenen Nacht.

Die US-Regierung erklärte, sie könne eine Feuerpause nicht bestätigen. Laut der russischen Nachrichtenagentur Interfax kündigte Lawrow ein Treffen russischer und US-amerikanischer Experten für Samstag in Genf an. Sie sollten ein Abkommen mit einer Lösung für Ost-Aleppo fertigstellen.

Humanitäre Lage spitzt sich zu

Obwohl sich der Vormarsch der Truppen von Präsident Baschar al-Assad zuletzt verlangsamte, scheint der Fall des Rebellengebiets in der ehemaligen Handelsmetropole nur noch eine Frage der Zeit zu sein.

Die Lage der verbliebenen Menschen in der Stadt spitzt sich nach UN-Angaben derweil immer weiter zu. Zehntausende seien angesichts winterlicher Temperaturen dringend auf Hilfe angewiesen, mahnte Linda Tom, die von Damaskus aus die humanitären Hilfsaktionen der Vereinten Nationen koordiniert. Insgesamt seien schon mehr als 400.000 Menschen in den Westteil Aleppos geflohen. Dort wie auch in anderen Teilen der Stadt fehlt es an Schutzräumen, Lebensmitteln und Trinkwasser sowie an Medikamenten zur Versorgung der Verletzten.

mak/se (dpa, rtr, afp)