1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Landrat unter Polizeischutz

6. April 2015

Nach dem Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim in Tröglitz hat der dortige Landrat Götz Ulrich Morddrohungen erhalten. Er setzt sich allerdings weiter für die Unterbringung von Flüchtlingen in dem Ort ein.

https://p.dw.com/p/1F3LJ
Götz Ulrich Foto: picture-alliance/dpa/Jan Woitas)
Bild: picture-alliance/dpa/Jan Woitas

Die Drohungen waren offenbar so konkret und massiv, dass Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht Polizeischutz für den Landrat Götz Ulrich anordneten. In dessen Landkreis liegt der Ort Tröglitz, wo am Wochenende ein künftiges Flüchtlingsheim gebrannt hat. Nach dem derzeitigen Ermittlungsstand steht fest, dass es Brandstiftung war, mutmaßlich aus der rechtsextremen Szene. Ulrich hatte sich für die Aufnahme von Flüchtlingen in Tröglitz ausgesprochen und erhielt deswegen sogar Morddrohungen. "Das nimmt unangenehme Formen an. Das geht sogar soweit, dass die Methoden der französischen Revolution angedroht werden", sagte Ulrich dem Fernsehsender n-tv. Dem Landrat wird demnach mit Enthauptung gedroht.

Drohungen gehen weiter

Auch der zurückgetretene Bürgermeister von Tröglitz, Markus Nierth, der sich für die Aufnahme von Flüchtlingen einsetzt, sieht sich und seine Familie weiter Anfeindungen ausgesetzt. Die Einschüchterungsversuche seien per E-Mail eingegangen, sagte die Frau des Kommunalpolitikers, Susanna Nierth, nach Angaben der Online-Ausgabe der "Welt". Der parteilose Markus Nierth war Anfang März von seinem Amt zurückgetreten, nachdem Rechtsextreme Stimmung gegen das geplante Flüchtlingsheim gemacht und nach mehreren persönlichen Anfeindungen auch eine Kundgebung vor Nierths Haus angemeldet hatten.

Nach dem Brandanschlag hatte der CDU-Politiker Ulrich keinen Zweifel daran gelassen, dass er die Flüchtlinge in anderen Wohnungen Tröglitz unterbringen will. Dazu hatte Ulrich die Bürger in dem 2700-Einwohner-Ort ausdrücklich um Unterstützung gebeten. Auch Sachsen-Anhalts Innenminister Stahlknecht sagte auf dpa-Anfrage, dass die Flüchtlinge in Kürze in privaten Wohnungen unterkommen sollten.

Empörung allerorten

Landrat Ulrich wandte sich auch an Berlin: Alle Bundespolitiker, die sich nach dem Anschlag zu Wort gemeldet hätten, müssten den Kommunen nun auch tatsächlich helfen. Schlaue Sprüche alleine reichten nicht mehr aus, so Ulrich.

Der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder, rief unterdessen zum Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit auf. "Asylbewerberheime in Brand zu setzen, um die Aufnahme von Menschen zu verhindern, ist ein Anschlag auf unseren Rechtsstaat", sagte er der "Welt". Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) forderte eine rasche Aufklärung der Tat. Bundesjustizminister Heiko Maaß (SPD) sagte der "Welt am Sonntag", wer Unterkünfte von Flüchtlingen anzünde, "handelt feige und abscheulich". SPD-Parteichef Sigmar Gabriel führte die Tat auf "die monatelange Stimmungsmache gegen Flüchtlinge" zurück, "die den Hass säte, der in Tröglitz nun in flammen gemündet ist".

Der Brandanschlag löste auch im Ausland Besorgnis aus. Der Generalsekretär des Europarates, Thorbjørn Jagland, mahnte, ein solcher Vorfall sollte die Alarmglocken in Europa schrillen lassen. "Die Demokratie wird zunehmend bedroht durch rassistischen, fremdenfeindlichen, politischen und religiösen Extremismus," so Jagland in Straßburg

fab/sp (dpa, kna, afp)