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Politik

Lauder: "Antisemitismus in den Griff kriegen"

28. Oktober 2019

Der Jüdische Weltkongress WJC zeichnet Bundeskanzlerin Merkel mit dem Theodor-Herzl-Preis aus. Sein Präsident Ronald Lauder warnt im DW-Interview besonders vor dem zunehmenden Antisemitismus junger Deutscher.

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Ronald Lauder Berlin Topographie des Terrors
Bild: picture-alliance/AP

DW: Herr Lauder, als Präsident des Jüdischen Weltkongresses verleihen sie den Theodor-Herzl-Preis in München an Bundeskanzlerin Merkel in München. Warum dieser Preis für Angela Merkel?

Ronald Lauder: Angela Merkel war stets wundervoll zu den jüdischen Menschen in Deutschland und immer eine starke Unterstützerin des Staates Israel. Dafür bekommt sie den Theodor-Herzl-Preis, den wichtigsten Preis in der jüdischen Welt. 

Vor wenigen Tagen hat der Jüdische Weltkongress eine neue Studie über den ansteigenden Antisemitismus in Deutschland vorgestellt. Wie erklären Sie diese Entwicklung?

In Deutschland gab es immer Antisemitismus. Dieser existierte aber nach dem Krieg zwischen 1945 und den 80er Jahren im Verborgenen. In der jüngsten Umfrage haben wir herausgefunden, welche Gefühle die Menschen heute bewegt. 27 Prozent der Befragten gaben an, dass sie starke antisemitische Gefühle gegenüber Juden haben. Die Frage ist nun, was ist passiert? Warum fühlen die Menschen so? Damit müssen wir uns befassen. 

Sie hatten angesichts der Studien-Ergebnisse gesagt, sie fühlten eine Art von Angst und Unruhe. Was macht das mit Ihnen?

Zuerst einmal denke ich, dass der Grund für diese Entwicklung viel mit Bildung zu tun hat. Wir leben jetzt drei Generationen vom Holocaust entfernt. Und viele der antisemitisch eingestellten Menschen in der Studie sind junge Menschen, die nicht wissen, was damals geschah. Und ich glaube, dass der Schulunterricht, obwohl er grundsätzlich gut ist, nicht ausreicht, den Kindern die Schrecken des Geschehenen wirklich verständlich zu machen.

Welche Versäumnisse gibt es Ihrer Meinung nach von Seiten der Regierung, im politischen Bereich und bei den Eliten Deutschlands?

Bezogen auf den politischen Bereich glaube ich, dass jeder, der in irgendeiner Partei antisemitische Gefühle zeigt, nicht Partei-Mitglied sein sollte. Und ich glaube, es gibt einige kleine Parteien, die im Grunde genommen fast auf einer neonazistischen Theorie basieren. Sie sollten nicht erlaubt sein. Und diese Aufmärsche wie in Chemnitz oder Dortmund: Obwohl die Teilnehmer keine Zeichen Nazi-Deutschlands trugen, gab es keinen Zweifel, wo sie politisch einzuordnen sind. Oder wenn in Sportstadien eine ganze Gruppe aufsteht und den Hitlergruß zeigt - was ist das für ein Zeichen? So etwas muss die Regierung in den Griff kriegen.

Ronald Stephen Lauder ist seit Juli 2007 Präsident des Jüdischen Weltkongresses (WJC).

Das Gespräch führte Frank Hofmann.