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Leere Millenniumsversprechen

Helle Jeppesen, zurzeit in New York16. September 2005

In ihrem Milleniumsversprechen haben die Industrienationen vor fünf Jahren den Armen 0,7 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts gegen die Armut versprochen. Sie zahlen aber nur einen Bruchteil.

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Auf Hilfe angewiesenBild: AP

"Ironischerweise ist das was die armen Ländern den reichen angeboten haben, ein unglaublich guter Deal", sagt Jeffrey D. Sachs vom "Earth Institute" an der Columbia-University in New York. Schließlich hätten sie nicht gesagt: "Wir wollen die Hälfte eures Einkommens!" Sie hätten keine globale Revolution verlangt, sie hätten nicht einmal ein neues globales Wirtschaftssystem verlangt. "Sie sind unglaublich bescheiden. Die armen Länder haben nur gesagt: 'Gebt uns 0,7 Prozent eures Einkommens und dann übernehmen wir die Verantwortung für die Entwicklung.'"

Hilfe zur Selbsthilfe

Sachs ist Berater von UN-Generalsekretär Kofi Annans, wenn es um die Millenniums-Ziele geht. Er ist einer der Väter der Millenniums-Ziele und arbeitet an dem Projekt "Millenniums-Dörfer" in Afrika, um zu zeigen, wie wenig es eigentlich kostet, den ärmsten der Armen zumindest eine Möglichkeit zu geben, aus der Armutsfalle herauszukommen:

Doch auch wenn Sachs und seine Mitarbeiter ausgerechnet haben, dass ungefähr 70 Dollar pro Person und Jahr einem afrikanischen Dorf eine echte Möglichkeit bieten würden, Hunger, Krankheiten, Missernten und Armut langfristig selbst zu bekämpfen und somit aus der Armutsfalle herauszukommen, scheint auch dieser bescheidene Wunsch schon übertrieben zu sein. Zwar hat sich zum Beispiel die Europäische Union verpflichtet, die offizielle Entwicklungshilfe bis zum Jahr 2015 auf die versprochenen 0,7 Prozent zu bringen, doch bisher haben es die wenigsten Länder geschafft. Deutschland liegt, wenn die – zum Teil nur versprochene - Katastrophenhilfe mitgerechnet wird, heute gerade bei der Hälfte.

Freies Bildformat: Hunger in Afrika, unterernährtes Kind in Niger
Chancen auf ein besseres Leben durch effektive Hilfe?Bild: dpa

Nur schöne Worte

Yves Sassenrath vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) lässt seiner Enttäuschung darüber freien Lauf: "Die Politiker und Staatsoberhäupter wissen, dass alle drei Sekunden ein Kind an Ursachen stirbt, die so einfach zu beheben wären. Ich finde es frustrierend und traurig, dass die politischen Führer dieser Welt nicht im Stande sind, diese Herausforderung anzunehmen."

Güterverteilung

UNDP hat in seinem Jahresbericht, der nur eine Woche vor dem Gipfel veröffentlicht wurde, die Unterschiede aufgezählt, die die globale Verteilung der Güter mehr als deutlich vor Augen führt. So liegt zum Beispiel die durchschnittliche Lebenserwartung in Japan bei 82 Jahren - in Sambia hingegen bei nur 38 Jahren. In Kanada geht ein Kind durchschnittlich 11,4 Jahre zur Schule - in Nepal nur 2,4 Jahre.

Um mehr Gleichheit zu schaffen, müssten die reichen Länder ihr Versprechen einhalten und tatsächlich die 0,7 Prozent des Bruttonationalprodukts für offizielle Entwicklungshilfe ausgeben. Nur wenige Länder haben diese Quote erreicht - unter ihnen die skandinavischen Länder.

Vorbildliches Irland

Dass es mehrere Länder schaffen könnten, zeigt das Beispiel Irland: Es liegt bei der Entwicklungshilfe-Quote an achter Stelle. Dabei gibt auch der irische Staatschef Bertie Ahern zu, dass es nicht einfach ist, die angepeilte Quote von 0,7 Prozent des Bruttonationalprodukts zu erreichen: "Egal wie man es sieht: es ist eine riesige Summe für mein Land", sagt Ahern.

Bis heute sind nur wenige dem Beispiel Irlands gefolgt und haben die Versprechen so zielstrebig in die Tat umgesetzt. Dabei, so Jeffrey D. Sachs, bekommen wir eine gerechtere Welt nie mehr so preiswert: "Vielleicht ist es heute ein Prozent des Bruttonationalproduktes - aber später werden es fünf Prozent sein, die wir brauchen! Es wird wie eine Art Treibsand-Falle sein, so wie manche von uns den Irak heute sehen. Ich glaube, sie machen einen riesigen Fehler."